Das Nokia 7650 überrascht mit seiner Kompaktheit, bedenkt man, was „drinnen steckt“. Wenn das Teil auch definitiv unter der Kategorie „Handy“ zu suchen ist, zum PDA (Personal Digital Assistant) mit eingebautem Dual-Band-Handy fehlt eigentlich nicht viel.
Es ist jedenfalls weit mehr, als nur eines dieser bisher bekannten und sogenannten Organizer-Handys.
Der 176 x 208 Pixel große Bildschirm mit 4096 Farben ist schlichtweg brillant für ein Handy, und die Helligkeit kann man von einem eingebauten Lichtsensor regeln lassen.
Als Hauptbedienungs-Element dient ein Joystick, mit dem es sich sehr gut und exakt (vor allem definierter als beim Ericsson T68) arbeiten lässt. Über ihm liegen, fast schon obligat, zwei (frei definierbare) Auswahltasten und links befindet sich eine praktische Menütaste, die quasi zwischen Handymodus und Hauptmenü wechselt.
Länger gedrückt zeigt sie zudem eine Taskliste aller geöffneten Anwendungen, über die man natürlich auch sofort zu einem offenen Programm springen kann. Ja, das EPOC-Betriebssystem beherrscht Multitasking!
Gerade in der mobilen Kommunikation ist das durchwegs sinnvoll. So kann man sich z.B. einer anderen Anwendung zuwenden; oder das Handy zuschieben und einstecken, während es im Hintergrund Nachrichten versendet. Man muß nicht auf das Ende deren Erledigung warten, um fortfahren zu können. Ein echter Zeitgewinn.
Genauso, wie man aus nahezu jeder Programm-Ansicht die entsprechende Information als Nachricht (egal welcher Art; SMS bis Email) unkompliziert und intuitiv senden kann.
Trotz der brauchbaren Navigation, kommt man um die Tastatur nicht herum, die bei diesem Gerät im aufschiebbaren Unterteil zu finden ist. Leider hilft diese kaum zur Navigation und Funktionsauswahl, denn überraschenderweise hat man scheinbar auf eine Schnellauswahl via Ziffern verzichtet! Doch keine Sorge; Standards wie Sprach- und Kurzwahl oder Vibra-Call sind indes geblieben.
Das Betriebssystem selbst, übrigens Epoc-Release 6.1 von Symbian, bietet jedoch ein ausgewogenes und erfreuliches Verhältnis zwischen Stabilität, Geschwindigkeit, Prozessoranforderung und Stromverbrauch.
In der Praxis bedeutet das bei intensiver Verwendung 1-2 Tage ohne Steckdose. Klingt für ein Handy nicht toll – aber verglichen mit einem PDA ist das durchaus akzeptabel.
Sound
Das kräftige Soundsystem für die polyphonen Klingeltöne (Midi-, aber auch Wave-Dateien sind abspielbar oder eigene Aufnahmen vom Gerät selbst) wird auch dazu genützt, um Telefonate „laut“ führen zu können. Das kann sehr hilfreich sein, wenn man während eines Gespräches mit einer der Anwendungen arbeiten muss. Ein Gag ist hier ein weiterer Sensor, der die Freisprechfunktion wieder deaktiviert, wenn man den Lautsprecher zum Ohr führt.
Apropos Freisprechen: Bedauerlicherweise kann der eingebaute „Blauzahn“ nicht für Bluetooth-Headsets genutzt werden, da das nötige Audioprofil dafür nicht übertragen werden kann. Lediglich Datentransfer ist möglich. Eigentlich schade.
Dafür entschädigt uns das Nokia 7650 mit Infrarot inklusive einem eingebauten „echtem“ Modem für Internet und Fax. Wobei man sagen muss, dass die vorhandene Mailapplikation (unterstützte Protokolle: SMTP, POP3, IMAP4), noch dazu mit GPRS oder HSCSD, eine Anbindung an einem Laptop o. dgl. fast überflüssig macht.
Ein weiteres Feature ist die On-Board-Digitalkamera, die zwar prinzipiell funktioniert und 640x480 JPG-Bilder produziert, aber kaum für das Schießen von Urlaubsfotos gedacht ist. Bildtelefonie, wie mancherorts geglaubt wird, geht damit schon gar nicht. Wäre auch unpraktisch, ist das Objektiv ja auf der Rückseite angebracht und wird so von der schiebbaren Tastatur geschützt, als Sucher dient übrigens das Display selbst. Obwohl vollständig-keitshalber gesagt werden muss, dass es tatsächlich Software gibt, um MP4-Videos sogar aufnehmen zu können.
Man kann aber damit z.B. kleine Bilder, sogenannte Porträts machen, um sie dem Kontakt der entsprechenden Person anzufügen. Die Kontaktdatenbank kann sich übrigens mit Recht als solche bezeichnen. Neben sämtlichen Telefonnummernarten speichert es auch Email- und Postadressen, Geburtstag und andere Notizen zur Person.
Natürlich beherrscht das Handy alle anderen gängigen Bildformaten, wie JPG, GIF, PNG, TIFF, MBM, WBMP ,OTA ,WMF. D.h. nicht nur anzeigen, sondern auch zoomen, drehen, senden, empfangen. Mit Zusatzsoftware ist auch weiteres Bearbeiten möglich.
Zum Thema Bild und Software passen auch gleich die verfügbaren Spiele. Wem das obligate Handyspiel „Snake“ schlicht nichts mehr gibt, der lädt sich Schach oder einen 3D-Shooter. Es stellt sich unwillkürlich die Frage, wie das Nokia 7650 das schafft!
Die Installationen selbst erfolgen ohne Mühe via selbstinstallierenden, sogenannten SIS-Dateien.
Wenn es sich um JAVA-Programme handelt, sind es JAR od. JAD-Dateien.
Aber selbstverständlich interessieren uns nicht die Spiele, sondern die weiteren Anwendungen. Von Haus aus noch am Bord sind: WAP-Browser (1.2.1), SMS, MMS (Multimedia Message Service), Java, Notizen, Rechner, Einheitenkonverter, Recorder, Toneditor, Uhr, Aufgaben und Kalender.
Email, Kontakte und Foto wurden bereits erwähnt. Eine CD mit Synchronisations-Software für den PC ist im Lieferumfang enthalten.
Fehlt einem trotzdem die eine oder andere Applikation, holt man sich diese als Free- oder Shareware aus dem Internet. Das könnte z.B. ein ergänzendes Dateimanagement, WEB-Browser oder Multimedia-Player sein.
Um die Übersicht zu wahren, kann der User die Anordnung von Programmen und Dateien selbst gestalten und auch eigene Ordner erstellen, ganz so wie man es von „erwachsene PC's“ gewohnt ist.
Bei all den Möglichkeiten stößt man hier eventuell auf eine Grenze, nämlich den Speicherplatz von rund 3,6MB der dem User zur Verfügung steht. Erweiterung gibt es keine. Abhilfe schaffen Komprimierungsprogramme und/oder das Auslagern von Daten via Internet.
Ein ganz toller Alleskönner, mit dafür relativ wenig Schwächen und durch das offene Betriebssystem den Bedürfnissen des Benutzers anpassbar. Vor allem mit dem Pluspunkt, dass man ihn schon kaufen kann, im Gegensatz zu anderen angekündigten Geräten dieses Genres.