Neue Mobilität im Lernen

 

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts stehen wir vor einer großen kulturellen Veränderung. Sowie 500 v.Chr. im antiken Griechenland der Wechsel von der „Sprechkultur“ zur „Schriftkultur“ stattfand[1] kommt jetzt die „Multi-Media-Kultur“. Dadurch wird unsere Kommunikation „entlinearisiert“[2].

Die schriftliche Sprache zwingt zur sequentiellen Abarbeitung von Wörtern und Sätzen. Neue Medien erlauben assoziative Verbindungen und das Wechseln von einem Gedanken zu einem anderen, ohne das Gesamtkonzept  zu verlassen.

 

Der vernetzte Egoist

Daneben beeinflusst die Informations- und Kommunikationstechnologie fast jeden Beruf, aber auch die Menschen selbst. Der Lebensstil unserer Gesellschaft ändert sich. „Mobilgeräte“ machen uns zwar „stationär“[3], aber generell verstärkt sich die Mobilität. Dies führt zu Individualisierungstrends mit den Anforderungen:

 

Ø      Hier (wo immer das ist)

Ø      Jetzt (man will nicht warten)

Ø      Für mich (nicht mit jemandem anderen teilen müssen)

 

Bedingt durch weggefallene Grenzen und gewachsenen Wohlstand besitzen die heutigen Menschen ein neues Symbol für „Freiheit“. Grenzen beziehen sich in diesem Zusammenhang auf physische und psychische Begrenzungen. Im psychischen sind wir mobiler geworden. Diese mentale Mobilität drückt sich in verstärktem Berufs-, Partner- und Schulwechsel aus.

Physisch sind die Menschen so mobil wie vor 1000 Jahren. Durchschnittlich bewegt er sich ein bis 1 ½ Stunden pro Tag. Dadurch, dass die Fortbewegungsmittel schneller geworden sind, haben die Entfernungen zugenommen. Beschleunigt wird dies durch immer mehr Fahrzeuge. In der Zeit zwischen 1970 und 1990 haben sich alleine in Europa die PKWs verdoppelt. Weltweit noch mehr:

 

1970                               1990

PKWs                         200                  500

LKWs                         50                    150

 

Fahrzeuge weltweit in Millionen

 

Dementsprechend hat sich auch die Gestalt unserer Städte geändert und die klassischen Ballungszentren um größere Städte sind in der entwickelten Welt zu „Bänderstädten“ geworden. Ganze Regionen haben sich in Städte verwandelt. Neben den Städten entstanden „Zwischenstädte“ mit meist modernerer und zeitgemässerer Infrastruktur. Eine Nachtaufnahme unseres Planeten veranschaulicht das:

 

 

 

Kommunikationstechnologien

Kommunikationstechnologien überwinden derzeit zwei prozesse:

 

In der Digitalisierung ist erst der halbe Weg der Entwicklung zurückgelegt. Übertragungstechniken und Vermittlungstechniken sind digitalisiert. Die Endgerät sind aber zu einem großen Teil noch analog. Das trifft zu beim Telefon-, Radio- und Fernsehapparat.

 

In der Kommunikationsübertragung leben wir derzeit in einer Übergangszeit, in der sich Backbonenetze austauschen. Kabelgebundene Kommunikation wird zunehmend über Funk übertragen und „wireless Communication“ wird zunehmend im Kabel transportiert.

                                                                                 

                                                                                 

Kabelgebundene Kommun.                                              Wireless Communication

 

 

Weltweite, als auch nationale Statistiken zeigen diesen Trend:

 

                                                     1991                1996                2001                2005

Telefonhauptanschlüsse                  545                  741                  1000
Mobiltelefone**                            16                    135                  900*                1500*
Personalcomputer                          123                  245                  450
Internet Server                              0,7                   16                    110     
Internet Nutzer                              4,5                   60                    300

 

Weltkommunikation, Angabe in Millionen, Quelle: ITU

*) Displaysearch, 2.2002

**) 2010       2 Milliarden Mobiltelefone

 

Auf nationales Niveau bezogen bedeutet dies, dass es in Österreich für 8 Millionen Einwohner im Jahr 2006 20 Millionen Mobiltelefone geben wird, aber nur mehr eine Million Festnetzanschlüsse.

Der Mobilkommunikationsmarkt wächst jährlich um 17 Prozent – das entspricht fast 500 Millionen Stück – wobei Europa mit 5 Prozent fast stagniert, dagegen Märkte wie China 40 Prozent wachsen.

Neben der klassischen Mobiltelefontechnik machen Wireless Local Area Networks (WLAN) die Computerkommunikation ortsunabhängig, was vor allem für den Bildungsbereich größe Auswirkungen hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Mobilität wird auch durch immer kleinere Geräte unterstützt. Der „mobile Arbeiter“ oder Studierende trägt alles mit sich: das Mobiltelefon zur Kommunikation und den Computer mit seinem gesamten notwendigen Wissen. Hardware wird immer kleiner und fällt teilweise weg. Tastaturen werden durch virtuelle Infrarottastaturen ersetzt:

 

 

Gesellschaftliche Mobilität

Unsere Gesellschaft überaltert. Europa stagniert und wird in 30 Jahren um 50 Millionen Einwohner kleiner sein.  In Österreich wird es im Jahr 2050 um 300.000 Jugendliche unter 15 Jahren weniger geben (2000 1,4 Millionen, 2050 1,1 Millionen). Dagegen verdoppeln sich die über 60 Jährigen fast und die arbeitende Mittelschicht nimmt ebenfalls ab.

Die Kunden der Lehrer und Schulen, die Kinder nehmen ab. Das Klientel wird kleiner und bedarf einer intensiveren Bewerbung und zeitgemäßen Kommunikation.

Virtuelle Nachbarschaften über das Internet, Zweckgemeinschaften und mehr Mobilität in der Partnerschaft sind nur einige Faktoren, die im Ausbildungssystem mit berücksichtigt werden müssen.

Mobile Geisteshaltung verändert das Denken, das sich weg von hierarchischen Strukturen entwickelt. Die Philosophie bringt eine flexiblere und offenere Art des Denkens.

Die Menschheitsgeschichte entwickelt sich wieder hin zum ursprünglich nomadischen:

1.      nomadisch

2.      agrarisch sesshaft

3.      technisch mobile Epoche (begann vor 300 Jahren)

Arbeitsplätze verändern sich. Wir haben mehr und mehr neue Arbeitsformen wie Telearbeit, Teilzeitarbeit, Arbeitsnomaden und auch mehr Erziehungsarbeit. Der Arbeitsplatz des Lehrers verändert sich. Wurden vor einigen Jahrzehnten zentrale Schulen gebildet und Kleinschulen geschlossen – man transportierte die Schüler mit Bussen zu den Ballungszentren -, so werden zukünftig die Lehrer pendeln. Kleine Schuleinheiten werden organisatorisch zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Die Kinder sollen den kürzesten Weg haben.

 

Lifelong Learning

Dienstleistungssysteme unterliegen raschen Veränderungen. Die Bildung muss versu­chen nachzukommen. Die Halbwertzeit des Wissens reduziert sich ständig. Wir müssen uns laufend weiterbilden. Die Produkte eines Elektronikunternehmens wer­den in 5 Jahren nur mehr zu 20 Prozent dieselben sein wie heute. Zu 80 Prozent werden neue Technologien eingesetzt werden. Umgekehrt werden aber 80 Prozent des heu­tigen Personals auch in fünf Jahren in diesem Betrieb sein. Nur zu 20 Prozent neue Mitarbeiter kommen hinzu. Bei einer praxisorientierten Ausbildung unserer Schulen würden dem Unter­nehmen 20% „richtig“ ausgebildete Menschen zugeführt werden. Für die restlichen 80 Prozent muss der Betrieb selbst sorgen. Umschulungen und Weiterbildungen sind Aufgaben der Wirtschaft. Das Ausmaß dieses „Lifelong Learnings“ bewegt sich aber in derartigen Dimensionen, dass die Weiterbildung nicht nur Sache der Betriebe sein kann. Beruf­liche Weiterbildung ist auch Sache des Staates. Aber auch die Länder sind überfor­dert. Ländergemeinschaften wie die Europäische Union könnten dieses Problem - dem gleich danach die Arbeitslosigkeit folgt - besser lösen. Wenn es nicht überhaupt eines weltweiten Prozesses bedarf. Alle müssen daran arbeiten. Die Län­der, die Ländergemeinschaften und die Weltgemeinschaft werden Mittel zur Verfü­gung stellen. Eine deutsche Abendschule warb mit folgendem Plakattext:

„Wer aufhört zu lernen, hört auf zu leben.“

 

Das mobile Lernen und Lehren

Die Entwicklung von internationalen Lernprogrammen bringt den zusätzlichen Vorteil eines besseren kulturellen Verstehens, wie er in einer Ländergemeinschaft der Europäischen Union notwendig ist. Konflikte können auf internationaler Ebene gelöst werden und die Studierenden erhalten einen internationalen Zugang zur kooperativen Selbstqualifikation. Man lebt nicht mehr nur im eigenen Dorf, in der eigenen Stadt und im eigenen Land. Als neue Dimension im Lernen kommt der internationale Aspekt dazu.

Der Lehrer wird zum Programmmanager: Einerseits muss er ein virtuelles Lehrprogramm zusammenstellen und Lehrveranstal­tungen von verschiedensten Institutionen „einkaufen“. Andererseits ist er auch ein Manager der nicht ganz einfach zu bedienenden technischen Einrichtungen.

Aktivere Mitarbeit der Schüler: Mit Hilfe interaktiver Kommunikation, wie sie mit neuen Medien betrie­ben wurde, kann auch Feed Back gegeben und zu bestimmten Themen nachgefragt werden. Auch der internationale Dialog bringt eine neue Dimen­sion.

Die Studenten verschiedenster Orte können untereinander diskutieren und Rückfragen stellen.

Mehr Dynamik des Lernens: Umberto Eco ist uns als Dichter und weniger als Informatiker bekannt. Für Wiener Studenten hielt er eine Vorlesung via Videokonferenez. Er tat es aus seiner Umgebung heraus, von seinem Büro in Italien. Dies brachte eine Menge von Zusatzinformationen für die Studenten. Infor­mationen, die aufs erste vielleicht gar nicht wirklich registriert wurden, die man aber in traditionellen Vorlesungen nicht bekommen würde. Hätte Umberto Eco Wien besucht und in einem Wiener Hotel gewohnt, um dann am nächsten Tag an der Wiener Universität seine Vorlesung zu halten, hätte er sich der Umgebung Österreichs angepasst - bewusst oder unbewusst - und wäre nicht der­selbe Umberto Eco gewesen, der im Videokonferenzraum empfangen wurde.

Die virtuelle Klasse kann uns direkter ans Geschehen bringen. Wir können griechi­sche Geschichte auf der Akropolis in Athen lernen oder den Biologieunterricht zum Thema brasilianischer Regenwald direkt in Brasilien abhalten.

Kooperative Selbstqualifikation: Der Prozess des selbständigen Lernens wird durch neue Telekommunikationstechnologien gefördert. Schüler finden in Gruppen das notwendige Lernziel. Der Lehrer tritt dabei in den Hintergrund und übernimmt die Coaching und Moderationsrolle.

Raumunabhängig: Experten können mit einer Videokonferenzeinrichtung von ihrem Büro aus für jeden Platz der Welt unterrichten. Professoren unterrichten an mehreren Schulen und Universitäten, und Studenten studieren an verschiedenen Universitäten. Universitä­ten werden - ob sie es wollen oder nicht; ob sie sich dafür vorbereiten oder nicht - zu „Content-Providern“, die ihre Informationen über Telekommunikation weltweit anbieten werden.

Teleteaching wird das Szenario der Ausbildung gänzlich verändern. „Vorlesungen“[4] (die Betonung liegt auf VORlesung) im traditionellen Sinn können entfallen. Aus­gaben auf Videobändern oder interaktiver Zugriff können dem Hörer mehr Komfort bieten. Er kann sich die Vorlesung zu Hause anhören, wann immer er Zeit und Lust hat und muss nicht zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort (=Hörsaal) sein. Sein Wohnzimmer kann zum Hörsaal werden. Passagen, die er nicht sofort versteht, kann er mehrfach anhören.

Interdisziplinär: Interdisziplinäre Forschung zwischen Pädagogik, Soziologie, Technik und Psycho­logie ist notwendig, um Distance-Learning als Gesamtes zu betrachten und nicht, um Technik dazu einzusetzen, bestehende Didaktik mit technischem Aufwand un­verändert weiter zu betreiben. Allerdings erleichtert die neue Technik das kooperative Lernen und die kooperative Selbstqualifikation. Das könnte der Weg zum Ziel der neuen Pädagogik sein.

Über Telekommunikationsnetze können situativ interdisziplinäre Gruppen zusammengeführt werden, die von einander lernen und dabei die Grenzen des eigenen Fachgebietes überschreiten. Eine neue Dimension des Lernens wird erreicht.

Studenten, die nach ihrer Mittelschulreife an die Universitäten kommen, haben unge­fähr dieselbe Ausgangsbasis. Sie alle besitzen dieselben Grundvoraussetzungen und Erfahrungen. Im lebenslangen Lernen und in der Fort- und Weiterbildung kommen Schüler mit unterschiedlichster Voraussetzung und verschiedenen Kenntnissen in einem Ausbildungskurs zusammen. In Modultechnik muss die Ausbildung dem Ein­zelnen angepasst werden.

Sprache: Speziell bei der Entwicklung von multimedialen Lehrmodulen macht sich die Mannigfaltigkeit der europäischen Sprachen bemerkbar. Kann der amerikanische Bildungsmarkt alle Einwohner mit englischen Modulen bedienen, so ist in Europa eine vielsprachige Ausführung notwendig, um ähnliche Absatzzahlen zu erreichen.

Eine im Rahmen eines EU-Projekts (Socrates) durchgeführte Studie[5] hat gezeigt, dass speziell bei multimedialen Lehrmodulen die Sprache sekundär wird. Bilder, Grafiken, Filme, Zeichnungen und Musik unterstützen die Wissensvermittlung. Für Schüler ab dem Alter von 10 Jahren können englischsprachige Unterrichtshilfsmittel in englischer Sprache eingesetzt werden, ohne Qualitätseinbusen zu verzeichnen.

 

Abbildung: Caspar FREI „Das Bett ist voll“ in LOETSCHER, Hugo: „äs tischört und plutschins, Über das Unreine in der Sprache – eine helvetische Situierung“, Zürich 2000

 

Im ursprünglichen Ausbildungssystem in dem der „Meister“ an den „Lehrling“ Wissen und Know How weitergegeben hat, waren auch ethische und moralische Wertbegriffe inkludiert. Heute hat diese Funktion zum Großteil der Staat mit seinen Einrichtungen übernommen. So wie wir die Altenversorgung den Heimen und die Krankenpflege den Krankenanstalten übergeben, werden unsere Kinder bereits im Alter von wenigen Jahren öffentlichen Institutionen zur Erziehung übergeben. Diese „Erzieher“ müssen auf Gruppen Rücksicht nehmen und haben weniger Zeit für das einzelne Individuum.

Elitär: Die Gefahr eines Ausschlusses bestimmter Bevölkerungsgruppen von der Bildung ist gegeben. Bewohner bestimmter entlegener Gebiete oder Bezieher niedriger Einkommen sind davon bedroht.

Geographische Diskriminierung entsteht dadurch, dass dünn besiedelte Gebiete wegen des kommerziellen Desinteresses ausgeschlossen und die dicht be­siedelten Ballungsgebiete für den Einsatz neuer Medien bevorzugt werden.

Um allen europäischen Bürgern den Zugang zur Bildungsinformation zu garantieren, bedarf es einer europaweiten Kontrolle. Die Grenzen sind für Telekommunikation gefallen und die davon abhängige Fernlehre ist daher zur europäischen Dimension geworden.

Effizienz: Auch wenn es unpopulär ist, soll darauf hingewiesen werden, dass unsere Schulen und Universitäten im Vergleich zur Privatwirtschaft äußerst uneffizient sind.

Die Anforderungen werden höher und die Kostenbudgets niedriger. Die Antwort darauf kann nur Rationalisierung sein. An einer konventionellen Universität oder Schule liest jeder lokale Professor alles selbst. Die Studenten müssen es konsumieren, ob die Qualität des Gebotenen gut oder schlecht ist. Professoren haben ein Monopol. Mit virtuellen Bildungseinrichtungen

·        muss sich der Lehrende international anbieten und gute Qualität liefern, damit er angenommen wird und

·        die Studenten können virtuell wählen, wo sie welche Information bezie­hen.

Es entsteht ein Leistungsdruck, der nicht nur die Qualität steigert, sondern auch Kosten reduziert. Warum soll ein und dasselbe Thema mehrmals produziert werden? Man kann es via Videokonferenz von der Nachbaruniversität oder –schulen beziehen.

First Hand Information: Lehrer versuchen mit viel Professionalität, ihren Schülern Wissen zu vermitteln. Der Lehrer ist aber ein Filter zwischen dem Wissen und den Studenten. Er kann nie auf allen Gebieten so perfekt sein, dass er das volle Wissen zu einem Gebiet vermitteln kann.

Mit Hilfe neuer Medien bekommen die Studenten mehr direkten Zugang zum Wis­sen. Ein Videokonferenznetzwerk bringt die Spezialisten eines Gebietes zu den Studenten. Das „Lehren“ wird internationaler. Man kann zu einem bestimmten Thema via Videokonferenzeinrichtung international anerkannte Fachleute holen. Internationale Spezialisten, die über Teleteaching verfügbar sind geben den Studierenden mehr „First Hand Information“ als im konventionellen Lehrsystem erhalten kann. Gerade beim Prozeß der Selbstqualifikation ist der Zugang zu den notwendigen Informationen wichtig. Der Studierende kann zur kooperativen Selbstqualifikation mit jenen Wissensträgern Kontakt aufnehmen, die im jeweiligen Zeitpunkt für ihn wichtig und notwendig sind.

Darüber hinaus wird der Standort des Lehrenden und des Lernenden unwichtig. In Bezug auf „Fernlehre“ sind wir am Weg, ein „globales Dorf“ zu werden.

 

Zukunft

Wie eine Untersuchung an der Universität Wien von mir zeigte, ist die Akzeptanz neuer Medien bei den Studenten sehr hoch und sie erwarten sich solche Instrumente als Standardeinrichtung.

Claudio Danti von SCIENTER (Italien) erarbeitete in einem EU-Projekt ein Zukunftsszenario, bei dem auch die Lehrenden berücksichtigt wurden. Dies zeigt, dass sich die Haltung der Ausbildner ändert:

·        80% glauben an Telekommunikation in der Ausbildung

und

·        80% denken, dass es eine gute Investition für die Zukunft ist.

Danti sieht folgende Änderungsfaktoren:

·        „Lehrsysteme“ werden „Lernsysteme“

·        Unser Qualifikationssystem ändert sich. Es ist vorbei, dass man am Anfang des Lebens lernt und dann ein Leben lang davon zehrt.

·        Universitäten und Schulen können nicht alleine und stand-alone weiterarbeiten. Sie müssen sich mit anderen verbinden und vernetzen, um qualitäts- und kosten­mäßig bestehen zu können.

 

Wenn „Lehrsysteme“ „Lernsysteme“ werden muss das System geändert werden. Die Lehrenden müssen ihre Fach- und Führungsdominanz ablegen und das miteinander Lernen der Schüler fördern und stimulieren. „Lehren“ und „Lernen“ muss zu einer Einheit werden. Schüler werden teilweise Lehrende und Lernende und Lehrer lernen auch von Schülern.

Im Rahmen eines EU-Forschungsprojekts hat die Donau-Universität unterschiedliche Schultypen miteinander vernetzt: Basis-, Mittel-, Berufs- und Erwachsenenschulen. Eine wesentliche Erkenntnis dabei war, dass unterschiedlichste Studierende voneinander lernen können. Erwachsene haben manche Dinge rascher verstanden, wenn sie von einem Kind erklärt wurden. Kinder einer landwirtschaftlichen Berufsschule konnten Kollegen in einem Gymnasium das Entstehen von Kartoffeln viel anschaulicher erklären, als es der zuständige Gymnasiallehrer hätte tun können. Hier wurde der wissenschaftliche Beweis erbracht, dass die Gruppeneinteilung zur kooperative Selbstqualifikation auch über unterschiedlichste Altersgruppen hinweg gehen kann, ja den Prozess sogar fördert. Ältere lernen von Jüngeren und Junge von Alten. Das von uns eingesetzte Netzwerk hat dies erleichtert. Die Teilnehmer konnten sich am Bildschirm sogar sehen und „Face to Face“ miteinander sprechen, diskutieren und Konflikte lösen.

 

Wir sind erst am Anfang des Lernens mit neuen Technologien in der Ausbildung. Bis jetzt handeln Lehrende zum großen Teil autodidaktisch.

Zwei unabhängig voneinander in Deutschland und den USA durchgeführte Studien über den Einsatz von Multimedia im Unterricht zeigten, dass Schüler mit Hilfe der neuen Technologien zu deutlich besseren Leistungen kommen: “Schüler erbringen bis zu dreimal so gute Leistungen, wenn die neuen Medien in allen Fächern und Jahrgangsstufen zum Einsatz kommen und qualifiziert vermittelt werden. (Studie der Bertelsmann-Stiftung www.prestext.at/cgi-bin/cgiwrap/prestext/.cgi/display.pl.cgi?) In einer Schule in Georgia (USA) und an einem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen (Gütersloh) wurden dementsprechende Leistungstests, Unterrichtsbeobachtungen und Befragungen der Schüler, Eltern und Lehrer durchgeführt.

 

Die Einführung der Informations- und Telekommunikationstechnologien in Schulen erfordern drei Maßnahmen, auf die sich auch die EU-Politiker geeinigt haben:

 

  1. Infrastruktur
  2. Content
  3. Didaktische und pädagogische Ausbildung

 

Im Bereich der Infrastruktur sind mehr und mehr mobile Netze notwendig, weil die verwendeten Endgeräte der Schüler und Studierenden immer kleiner und mobiler werden. Content kann demnach überall abgerufen werden. Lerninhalte werden nicht nur umfangreiche Multimediafiles sein, sondern auch Kleinsteinheiten, die man etwa mit SMS transportieren kann.

 

Johann Günther



[1] Sokrates (469 bis 399 v.Cr.) schrieb keine Zeile; für Aristoteles (384 bis 322 v.Chr.) war die Schrift schon selbstverständlich

[2] siehe auch Wolf RAUCH, „Informationsethik. Die Fragestellung aus der Sicht der Informationswissenschaft“, in Anton KOLB, Reinhard ESTERBAUER, Hans-Walter RUCKENBAUER: „Cyberethik. Verantwortung in der digital vernetzten Welt“, Stuttgart 1998

[3] Zum Festnetztelefon mussten wir hingehen – waren also mobil. Das Mobiltelefon haben wir immer mit – wir bleiben also stationär.

[4] Der Begriff „Vorlesung“ entstand unter Metternich im Vormärz. Professoren durften nur zensurierte Texte in ihren Unterrichtsstunden vorlesen.

[5] GÜNTHER, Johann: VEN – Virtual Education Network, Krems 1999