Grafische Programmierung mit LabVIEW
Die Entwicklung von Applikationen unter LabVIEW erfolgt
ausschließlich durch grafische Programmierung. Darunter versteht man die
Verwendung von grafischen Elementen als Bausteine eines Blockschaubildes
anstatt Codezeilen wie in prozeduralen Programmiersprachen. Dies ermöglicht
Programmierern mit unterschiedlichen Kenntnissen rasch ansprechende Ergebnisse
zu erzielen. Damit sind nicht nur Entwickler und Wissenschaftler gemeint, die
sich häufig mit LabVIEW beschäftigen. Das Konzept der grafischen Programmierung
ermöglicht durch die grafische Darstellung von Funktionen und Abläufen auch
Einsteigern den raschen Erfolg ein funktionierendes Programm zu schreiben.
Hier ein Beispiel:
Bild 1: Frontpanel eines Programms zur Darstellung der optimalen Bestellmenge
Die Optimale Bestellmenge in der Warenbeschaffung wird über die
klass. Losgrößenformel bestimmt. Sie ist ein "Balance-Akt" aus Bestellkosten
und Lagerkosten. Dieser kleine Teilbereich aus dem
Stoffgebiet der Logistik kann dazu benützt werden, um die Auswirkungen der
Parameteränderung in der Losgrößenformel im Programmierunterricht mittels rasch
durchgeführter und optisch beliebig erweiterbarer Oberfläche darzustellen.
Natürlich könnte man dies auch mit einem Makro einer Tabellenkalkulation
programmieren. Die Verfolgung von Datenströmen im zugrunde liegenden
Blockdiagramm (nicht gezeigt) stellt aber vor allem für Anfänger einen großen
Vorteil beim Erkennen der Einflussgrößen und bei der gezielten Fehlersuche dar.
Die Oberfläche von LabVIEW ist also zweigeteilt: Das Front Panel stellt die
Schnittstelle zum Benutzer dar und eine ansprechende Gestaltung ist vor allem
für Mess- und Regeltechnikanwendungen wichtig, wo der Status schnell ablesbar
und Eingriffe in den Ablauf rasch durchgeführt werden sollen. Programme werden
in LabVIEW „VI“ (Virtual Instruments) genannt, die ursprünglich
die Funktion von Messgeräten im Labor am Computer nachbildeten. Dahinter steht
das Blockdiagramm (siehe auch Bild 2), das die grafischen Elemente der
Programmierung enthält. Diese Symbole stehen für einzelne Funktionen oder ganze
Unterprogramme (Sub VIs) die im Datenfluss von links nach rechts angeordnet
werden.
Neben den Standardfunktionen hat die stete Weiterentwicklung von LabVIEW zu
einer großen Anzahl von Zusatzfunktionen geführt. Sie dienen zum Beispiel als
Unterstützung bei der TCP/IP Programmierung und zur übersichtlichen
automatischen Programmdokumentation und Anbindung an den DIAdem Report
Assistant. Weiters findet sich eine große Zahl an Datenerfassungs-,
Signalkonditionierungs- und Analysefunktionen (FFT etc.). Zusammen mit den
externen Zusatzprogrammen steht ein umfangreiches Tool zur Datenerfassung,
Datenanalyse und Datenrepräsentation unter Windows, Macintosh und Linux zur
Verfügung. Dieser große Funktionsumfang führt bisweilen dazu, dass die Suche
nach einer speziellen Funktion schon einmal etwas länger dauern kann – Trotz
sehr guter Online Hilfe.
Um den Funktionsreichtum aber auch Einsteigern, egal wie erfahren sie mit
anderen Programmiersprachen sind, rasch nutzbar zu machen, wurden in der
Version 7.0 „Express VIs“ eingeführt. Diese beinhalten abgegrenzte
Standardfunktionen aus unterschiedlichen Bereichen. Unter dem Motto
„Konfigurieren statt Programmieren“ werden nur mehr die Eigenschaften
konfiguriert, ohne die programmtechnischen Details im Hintergrund kennen zu
müssen. Die Bilder 2 und 3 zeigen eine äquivalente Anwendung und im Vergleich
wird ersichtlich, welche Einsparung die Express VIs an Entwicklungszeit bringen
können. Diese Vorgehensweise ist vor allem für jene Fälle interessant, wo das
Programm nur als Werkzeug im Umgang mit anderen Techniken dient. Daher ist es
sinnvoll, auch die programm- und messtechnischen Hintergründe anhand des
ausführlichen Blockdiagrammes, welches auch einem Express-VI zugrunde liegt,
begleitend darzulegen.
Bild 2: Blockdiagramm der Applikation „Signalanalyse“ in herkömmlicher Programmiertechnik.
Bild 3: Im Vergleich dazu die äquivalente Applikation, programmiert mit zwei Express VI. (Dem vorgestellten Buch entnommen).
Die grafische Programmierung benötigt vielleicht etwas mehr Hardwareresourcen als textorientierte Programmiersprachen. Allerdings sollte aktuelle Hardware dafür genug Leistungsreserven bieten. Der Hersteller von LabVIEW, National Instruments bietet ein Academic Program für die Lizensierung und die umfangreiche Unterstützung mit Beispielprogrammen und Unterrichtsmaterialien an (siehe http://www.ni.com/academic/).
LabVIEW eignet sich mittlerweile also sowohl für Einsteiger mit unterschiedlicher Programmiererfahrung als auch für Profis um rasch ansprechende und auch komplexe Aufgaben, die nicht nur aus der Messtechnik kommen, zu lösen.
Wie aus dem Titel schon hervorgeht, beschreiben die Autoren von „LabVIEW Das Grundlagenbuch“ vor allem die LabVIEW Basisfunktionen sehr ausführlich. Es werden zwar auch die wichtigsten Neuerungen in den Versionen LV 7 Express und LV 7.1 behandelt, LabVIEW Programmierer werden allerdings nur wenig Neues finden. Damit ist das Buch vor allem interessant für LabVIEW-Einsteiger, die die grafische Programmierung erlernen wollen. Für LabVIEW Anwender bietet vielleicht das Datenerfassungskapitel Interessantes von den Grundlagen der PC-gestützten Messtechnik bis zur Konfiguration von Messgeräten mit dem DAQmx (Data Aquisition) Treibermodul. Der Index des Buches ist eher knapp gehalten - Die umfangreiche Online-Hilfe von LabVIEW ist für die Suche sicher besser geeignet. Im Buch enthalten ist eine CD mit den Beispielen aus den Grundlagenkapiteln und einer Evaluierungsversion von LabVIEW 7 Express mit 30 Tage Beschränkung und deren Programme nur fünf Minuten lang ausführbar sind.