Offenlegung im Internet?

   Oder die Folgen des OGH-Urteils zur Auskunftspflicht über

                                                               Tauschbörsenuser

 

 

 

Die Gerichte wurden durch die Ersuchen der Musikindustrie, die Inhaber von IP-Adressen von Tauschbörsenbenutzern bekannt zu geben, überschwemmt. In den Entscheidungen der Gerichte und auch in der juristischen Literatur gab es widersprüchliche Tendenzen.

 

Der Oberste Gerichtshof entschied am 26.07.2005 über eine Beschwerde zur Wahrung des Gesetze, dass Access-Provider dem Gericht formlos Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse zu geben hat, unabhängig, ob es sich um eine statische oder eine dynamische handelt.  Dies führt bei einem gewöhnlichen Internetuser zu einer gefährlichen Lockerung des Schutzes der Privatsphäre.

 

Die Problematik ist der  Vergleich des OGH mit der Telefonie zieht, indem er IP-Adressen mit Teilenehmernummer gleichstellt, wobei der Sachverhalt völlig anders gelagert ist.

Denn beim Surfen sucht die Person A die Websites von B, C und D auf und betrachtet dort bestimmte Seiten. Hier ist das Bedürfnis an Anonymität besonders hoch. Die Offenlegung der „Basisdaten“ hinter der für den Website-Betreiber sichtbaren IP-Adresse führt zu einem gläsernen Internetuser mit personalifiziertem Interessenprofil, von dem die Werbewirtschaft nur träumen kann.

 

Der OGH führt dazu aus, dass es sich ja nicht um die Feststellung eines Teilnehmeranschlusses handelt, weil dieser ohnehin in Form der IP-Adresse und den Zeitpunkt der Verwendung (Verkehrsdaten) vorhanden ist, sondern lediglich um die Bekanntgabe der Stammdaten zum Teilnehmeranschluss.

Stammdaten sind demnach alle personenbezogenen Daten, die für die Begründung, die Abwicklung, Änderung oder Beendigung der Rechtsbeziehung zwischen dem Benutzer und dem Anbieter vorhanden sind. Dazu zählen unter anderem der Familienname, der Vorname, die Wohnadresse, akademische Grad, sonstige Kontaktinformationen, die Art und Inhalt des Vertragsverhältnisses und die Bonität.

Diese Stammdaten unterliegen nicht dem im Art 10a StGG verankerten Grundrecht des Kommunikationsgeheimnisses.

 

Kommunikationsgeheimnis oder Privatsphäre? 

 

Der Begriff der „Kommunikation“ ist zu hinterfragen.

Durch das Kommunikationsgeheimnis wird nur das sich Mitteilen von Menschen, wenn auch über Maschinen aber nicht die Kommunikation von Computern geschützt. Daher ist das e-mail eine Kommunikation, nicht aber das Abrufen von Webseiten, dies kann man eher mit Zeitungslesen oder Fernsehen vergleichen. Diese Tätigkeit unterliegt jedenfalls dem Schutz der Privatsphäre.

 

 

Der Schutzbedarf ist hier kaum geringer als beim Kommunikationsgeheimnis bzw. Fernemeldegeheimnis.

Man stelle sich vor, der Arbeitgeber hört die Telefonate ab und kontrolliert das Surfverhalten seiner Mitarbeiter. Der Überwacher kann somit Klick für Klick das Interesse des Internetsurfers nachvollziehen. Dies trifft natürlich auf jeden Betreiber eines Webservers zu. Nur die Anonymität der IP-Adresse schützt den Internetsurfer vor der totalen Offenlegung seiner Interessen.

Durch die Offenlegung der IP-Adressen kann man die Vorlieben und Interessen der Internetuser anhand des Online-Verhaltens viel besser erfassen und dies dann für die Werbewirtschaft nutzbar machen.

Die Auskunft über die Inhaberdaten einer IP-Adresse ist daher immer eine heikle Angelegenheit, die strenger Prüfung bedarf.   

 

Wie und Wann erfolgt die Bekanntgabe der Stammdaten?

 

Das beste Beispiel dafür ist das Vorgehen der Musikindustrie gegen die Tauschbörsen.

Für Musiktauschbörsen gilt allgemein, das aktive Zurverfügungstellen (Upload) von Musikfiles ist strafbar, der Download ist dagegen straffrei.

Bei Rechtsverstößen ersucht das Label bei Gericht um Feststellung des Inhabers von einer bestimmten IP-Adresse.

Nach Ansicht des OGH können die Stammdaten des Namens und der Wohnanschrift des Inhabers eines bereits individualisierten Teilnehmeranschlusses formlos bekannt gegeben oder durch formelle Vernehmung einer physischen Person des Access-Providers als Zeugen ermittelt werden, was im Bedarfsfall durch Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden kann.

 

Ergebnis

 

Wenn von einem Kunden eines Access-Providers die (statische oder dynamische) IP-Adresse bekannt ist, die er in einem bestimmten Zeitraum für Rechtsverstöße verwendet hat, zielt das Auskunftsbegehren auf die Bekanntgabe von Stammdaten. Stammdaten unterliegen nicht dem in Art 10a STGG verankerten Grundrecht des Kommunikationsgeheimnisses.

 

Bei konkreten Anlassfällen, sollten diese jedenfalls rechtlicherseits geprüft werden. Für Fragen stehen auch gerne Dr. Ing. Werner Schostal und Dr. Ing. Andreas Pascher, Rechtsanwälte der Pascher & Schostal Rechtsanwälte OEG 01/513 86 28 zur Verfügung.