Das Nokia N70 – Ein Testbericht
Technische Spezifikationen gibt es beim Händler und im Internet. Was ein Handy dann wirklich kann, zeigt sich erst, wenn man damit gearbeitet hat. Hier ein Bericht zu einem der ersten Modelle aus Nokias neuem N-Serie-Programm, nach einem halben Jahr Alltag
Schon beim Auspacken erkennt man eine gewisse Besonderheit des Handys: Etwas Techno-Look durch frontseitigen Metallrahmen, dazu weiß/silber-glänzender Außenkorpus und weiße Tastatur. Ein unbedarfter Bürger würde da vielleicht schon auch einen iPod vermuten. Irgendwie ist es doch größer als vermutet, dennoch ist es das kleinste 3G-Telefon (3. Generation, UMTS) der Welt. Übrigens mit GSM 900, 1800 und 1900.
Neben einen mehrere Tage tauglichem 970mAh-Lithum-Akku und einer 64MB-Speicherkarte findet man weiters im Karton: ein Verbindungskabel (USB 2.0) und eine CD mit PC Suite, ebenso ein schlankes Netzteil und natürlich eine Bedienungsanleitung, die aber Dank der intuitiven Benutzeroberfläche kaum benötigt wird. Auch ein Stereoheadset liegt bei, ebenfalls weiß, in Schnurr-Design! Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber ich werde das nicht in der Öffentlichkeit verwenden. Zudem mangelt es auch an Funktionalität – die eingebaute Taste dient nur als Sprechtaste, aber z.B. nicht als Pausetaste beim MP3-Hören und ein Lautstärkenregler fehlt sowieso. Weiters noch eine Handschlaufe, ein Putztuch (!?) und eine Stiftstecker-Reduzierung von 3,5 auf 2mm für Netzadapter herkömmlicher Generation, da das N70 eine noch kleinere Buchse verpasst bekommen hat. So kann man weiterhin noch die alten Netzgeräte verwenden oder braucht trotzdem nur eine Ladegarnitur mit auf Familienurlaub nehmen.
Beim Einschalten meldet sich das Serie 60 (2nd Edition) User Interface basierend auf Symbian OS v8.1 mit einem unveränderbarem Startup-Signal, welches sich leider nur via Profil-Einstellung „Lautlos“ unterdrücken lässt.
Sieht man von diesem eventuell störenden Effekt ab, beginnt ab jetzt das Staunen. Der Standard-Bildschirm bietet eine Art „Now“-Ansicht, welche neben obligater Datum/Uhrzeit-Information auch die anstehenden aktuellen Kalendereinträge sowie Aufgaben anzeigt. Weiters zieren 5 frei wählbare Programm-Icons diese Darstellung, um so rasch auf seine Favoriten zugreifen zu können. Für noch komfortableren Funktionsaufruf dient neben den beiden üblichen definierbaren Auswahltasten, die so genannte „Multimediataste“, die standardmäßig die „Galerie“ aufruft. Glücklicherweise ist auch sie benutzerdefinierbar. Deren Vorteil ist es, dass sie immer anwendbar ist, während ja die beiden Auswahltasten der laufenden Applikation hörig sind. Ich persönlich habe ihr z.B. die Bluetoothfunktion zugeordnet.
Diese durchdachten Features für effizienteres Werken machen die anfänglichen Schwierigkeiten der doch etwas kleinen Tastatur wett.
Das generelle Aussehen des Screens lässt sich wie immer via „Themen“ und „Hintergrundbild“ variieren. Da kann dann auch schon das 176x208 Pixel große Display brillieren, das mit 18 Bit Farbtiefe bereits 262.144 Farben (anstatt 65.536 Farben bei 16 Bit) bietet. Apropos, sollte es manchmal den Anschein haben, das Display flackere, so liegt es an den eingebauten Lichtsensor, der sich bemüht die Beleuchtung den Umgebungsbedingungen anzupassen.
Mit einem smarten, on-board Transferprogramm, beamt man via Bluetooth alle Termine, Notizen und vor allem Kontakte vom alten S60-Handy auf das N70. Die SIM-Karte lässt man dazu im alten Gerät – den das N70 lässt sich nämlich auch ohne dieser einschalten und verwenden! Freilich geht es dabei natürlich automatisch in den „Offline-Profil“, besser bekannt unter „Flugmodus“, an den man klugerweise auch gedacht hat.
Abgesehen von diesem kleinen, feinen Übertragungstool findet man da auch noch größere Applikationen wie Opera-Browser, Acrobat Reader und Quickoffice. Letzteres ist ein scheinbar eigens für Nokia zugeschnitztes Dreierpaket zum Anzeigen von Word-, Excel- und Powerpoint-Dateien, welches prinzipiell funktioniert, aber eben nicht lupenrein. Zum Editieren gäbe es die eigentliche Sharewareversion von Quickoffice, die dann auch wesentlich runder arbeitet. Programme wie Dateimanager, Aufnahme, Rechner, (Weltzeit-)Uhr mit Alarm, etc. sind am N70 eine Selbstverständlichkeit.
Auch der obligate Kalender ist bereits durchwegs brauchbar. Mit der Sterntaste wechselt man rasch zwischen Tages-, Wochen- und Monatsansicht. Wobei bei den beiden letztgenannten Darstellungsarten, die Einträge der momentanen Cursorposition eingeblendet werden. So muss man nicht raten, warum eine Terminbelegung signalisiert wird. Mit Raute gelangt man übrigens sofort zum aktuellem Datum.
Die Nutzung des Kalenders wird besonders durch die eingangs erwähnte aktive Standby-Ansicht interessant, da die anstehenden Einträge eben dort immer angezeigt werden.
Reicht die prächtige Basissoftwareausstattung nicht, hat man ja Auswahl aus jeder Menge S60-Programmen, von denen so ca. 95% zu laufen scheinen (Tendenz steigend) und vor allem auch den ausreichend großen Speicherplatz dazu: 21MB hat man intern für den User freigelassen und für den MMC-Schacht sind derzeit bis zu 1GB große Speicherkarte erhältlich. Wohl bemerkt, es handelt sich hierbei um den Typ RS-MMC DV. Zur Erklärung: RS steht für Reduced Size, sie sind also ca. halb so groß wie die herkömmlichen MMC und DV weist auf Dual Voltage hin, da diese sowohl mit 3, als auch 1,8 Volt Betriebsspannung auskommt, was für das N70 unerlässlich ist. Also, unbedingt darauf beim Speicherkartenkauf achten!
Der MMC-Slot ist außen angebracht – es ist also kein Öffnen oder gar Entfernen des Akkus nötig, wie vielleicht von anderen Geräten her bekannt. Die Verschlussklappe ist aktiv, eine bevorstehende Kartenentnahme wird demnach vom N70 sofort detektiert, was sich in einem sofortigen Schließen aller Programme äußert, um möglichen Datenverlust oder Programmschäden vorzubeugen. Trotz dieser an sich guten Überlegungen wird man einen Wechsel nicht gerne allzu häufig exekutieren. Die Klappe ist einfach zu mickrig und die Größenverhältnisse verlangen ein hohes Maß an Feinmotorik.
Auch bei bevorzugter Nutzung des MP3-Players kann die mitgelieferte Speicherkarte rasch aus allen Nähte platzen. Schön, dass dann außerdem ein UKW-Radio mit dabei ist. Auch sonst überzeugt das N70 punkto Musik mit sattem Stereo-Sound und Playlisten und Handling von Titel, Alben und Interpreten via MP3-Tags sind ihm ebenfalls nicht fremd. Für die Freaks: Als Klingelton wird auch MP3 akzeptiert.
Fehlt dem N70 bereits die IR-Schnittstelle, so hat es dafür zwei Kameras eingebaut. Der Grund: Eine VGA-Kamera ist frontseitig eingebaut und dient eigentlich für Videogespräche. Man kann sie trotzdem zum Knipsen verwenden, z.B. für ein Selbstporträt. Oder aber auch als Spiegel. Das Suchbild wird nämlich gespiegelt dargestellt, das Foto ab korrekt abgespeichert.
Die Hauptkamera mit 2 Megapixeln versteckt sich hinter der aktiven Klappe auf der Rückseite. Schieb man diese auf, startet die Kamera und Fotografieren mit 1200x1600 Pixel, Blitz und 20fach-(Digital-)Zoom wird möglich. Auch Selbstauslöser, verschiedene Modi und Einstellmöglichkeiten fehlen nicht, ebenso wie die Möglichkeit des Filmens in MP4- oder 3gp-Format bis zu einer Größe von 352x288 Pixel.
Hinter dem simplen Menü-Befehl „Bearbeiten“ befindet sich ein Bildbearbeitungsprogramm, womit sich das Bild Verändern bzw. Verbessern, Verunstalten oder mit Text/Cliparts ergänzen lässt. Leider kann es aber ein kleines Manko nicht korrigieren: zwischen dem angezeigten Bild beim Auslösen und dem gespeicherten Bild liegt so viel Zeit, dass man über das Ergebnis oft überrascht und manchmal enttäuscht ist.
Apropos Auslösen. Das erfolgt mit Drücken das 5-Wege-Navigations-Keys. Mit der Taste an der rechten Gehäuseseite kann man dies ebenfalls bewerkstelligen. Der Unterschied ist, dass das Bild dann gleich gedreht wird, also hochformatig abgespeichert wird. Ich beschreibe diesen netten Gag vor allem, weil diese scheinbar einzige Funktion dieses Knopfes, in keiner Anleitung zu finden war.
Bei soviel Multimedia macht das Galerie-Programm mit Miniatur-Vorschau schon Sinn. Angesichts der Bilddatenmenge kann es da schon mal ein paar Sekunden dauern, bis das eine oder andere Vorschaubild beim ersten Mal fertig gerechnet ist.
Selbstredend, dass sich getätigte Aufnahmen problemlos via MMS, Mail oder Bluetooth versenden lassen. Verzichtet wurde leider auf „alte“ Techniken wie Bild-SMS oder Infrarot. Vor allem das Fehlen der drahtlose Verbindung mittels Infrarot, die sich eigentlich gerade auch bei Kleingeräten schon vor Bluetooth etabliert hat, kann schon manchmal ärgerlich werden, will man das N70 mit einem älteren Handy, Handheld oder einem Peripheriegerät verbinden.
Und auch für die Verbindung zum PC mit der PC-Suite bleibt somit nur Kabel oder Blauzahn. Die Nokia PC-Suite gibt es ja schon seit vielen Jahren und liegt mittlerweile in einem entsprechend fortgeschrittenen Versionsstand vor. Je nach gegenwärtiger PC-Konfiguration, vor allem mit der Paarung Bluetooth und XP Service Pack 2, konnte das Zustandekommen eine stabile Verbindung rasch zu einer Nervenprobe werden. Glücklicherweise widerfuhr just zur Fertigstellung dieses Berichtes der PC-Suite ein Upgrade (auf Vers. 6.80.20), die diesbezüglich auf den ersten Blick viel erfolgversprechender scheint und solide Verbindungen herstellt. Datentransfers, Synchronisation und Programminstallationen steht nichts mehr im Wege.
Kommen wir nun zur wichtigsten Nebensache eines Handy: der Telephonie. Diese Funktion wird abgerundet durch eine ordentliche Kontaktverwaltung und einer interessanten Sprachwahl (die auch für Sprachbefehle, also zum Aufruf von Programmen, genutzt wird). Hierbei wird nicht mehr eine beschränkte Anzahl von Namen vorher aufgesprochen, in der Hoffnung, dass das Gerät diese später wieder zuordnen kann. Viel mehr analysiert das N70 die Namen der gesamten (!) Kontaktdatenbank automatisch und legt die Sprachmuster ab. Das funktioniert überraschend gut, stimmenunabhängig und eben für alle Namen.
Über die gewohnte Telephonie hinaus bietet das N70 Videotelephonie und PTT (Push to Talk), eine Art moderne Funkgerät-Funktionalität mit Mobiltechnologie. Letztere Fähigkeit konnte ich jedoch mangels Gesprächspartner mit gleichem Technologievorsprung aber nicht wirklich testen, könnte aber im Gegensatz zur Videotelephonie sogar sinnvoll sein, denn diese wird in Wirklichkeit nur zum Vorzeigen genutzt.
Obwohl ich eher als kritischer Nutzer eingestuft werde, bin ich resümierend mit dem N70 sehr zufrieden. Die beinahe Komplettheit in einem kompakten Gerät überzeugen schier und die wenigen, kleinen Schwächen werden verschwindend geringfügig. Auf die kommenden Modelle der N-Serie kann man jedenfalls gespannt sein.
N70 – Plus / Minus:
-I/O-Sound nicht
deaktivierbar
-IR fehlt
-MMC-Klappe mickrig
aber aktiv(+), MMC einschieben schwierig
-Headset-Outfit
-Albumdiashow
tw. pixelig
-nur Minifoto bei Kontakten
-Quicksheet: Such-Fenster
leer, Absturz bei Dateien Suchen
-Quickword: ebenso –
lässt sich nicht mal starten.
-Fototaste nicht
erklärt (bzw. in Schnelleinstieg falsch), macht scheinbar Hochkant-Fotos
-bildsms?
+Tagesansicht
(Ausgangsanzeige bzw. Aktiver Standby-Modus) mit Kalenderterminen, Aufgabenliste und 5 definierbare Programme.
Datum/Uhrzeit, Hintergrundbild sowieso.
+Offline-Modus
(also Flugmodus)
+Lichtsensor, für
Display und Tastatur – irritiert aber manchmal, wenn das Display plötzlich
flackert oder der Sensor meint die Tastaturbeleuchtung einzuschalten.
+guter Kalender, mit
Eintragseinblendung in Monats- und Wochenansicht, rascher Ansichtenwechsel mit
Sterntaste, mit Raute geht’s zu Heute
+Tastatur klein, aber
gerade noch ok, 2er liegt knall am Navi-Key, Herhebung könnte mehr sein
+ Multimedia-Taste =
konfigurierbare Schnellzugrifftaste aus jeder Situation, zusätzlich zu den
beiden obligaten benutzerdefinierbaren Menütaste
+2M-Kamera (1600 x
1200) mit 20fach-Zoom, Blitz, Selbstauslöser, viele Modi
und Einstellungen, unfangreicher Bearbeitung und aktiver Schiebekappe.
+2. VGA-Kamera für
Videotelephonie, aber auch Selbstporträts bzw. Spiegel
+2mm>3,5mm Adapter,
Handtrageschlaufe, Putztuch, Headset (weiß, nur mit Sprechtaste, also keine
Funktion für MP3)
+Quickoffice
(-sheet, -word, -point)
+Acrobat
Reader
+Opera
+MP3-Player
& Radio mit sattem Sound. Mit Playlisten und Handling von Titel, Alben und Interpreten via MP3-Tags
+ca. 80-90% der
bestehenden Serie60-Programme scheinen zu laufen
+Transferprogramm,
schaufelt Kontakte, Aufgabe, Termine… vom alten S60-Handy (via Bluetooth)
Probleme rüber. Das N70 funktioniert auch ohne SIM-Karte! (natürlich Offline)
+digitale
Sprachsteuerung
+Automatische Antwort-SMS bei Anrufablehnung
+PC Suite, Geduld bei
Prgm-install ab ca. 1MB, keine Fortschrittsanzeige
GSM 900/1800/1900
176x208 Pixel, 262,144
Farbe (18bit-Farbe, im Gegensatz zu 16bit, 65536 Farben)
PTT