So macht einen der Pocket-PC zum Hacker

Von Walter Riemer

 

Über so einen Pocket-PC (in meinem Fall: FSC Loox C550) kann man sich gelegentlich freuen, zum Beispiel  wenn man sich bei 640x480 Fotos anschaut (und dabei auch noch Ausschniite hereinzoomen kann; ich verwende XnView Pocket, Freeware!) oder seine Termine und Kontakte mit Third-Party-Software (in meinem Fall: Pocket Informant) verwaltet.

Weniger Grund zur Freude hat man über einige Geschenke von Bill Gates’ Mannen im WM5-Betriebssystem. Zwar kann man viele Lücken mit Third-Party-Software (in meinem Fall: spb PocketPlus) schließen, aber einige erstaunliche „Malfunctions“ können einen ja doch ganz schön beschäftigen.

So hat mein „braver“ Loox vor einiger Zeit begonnen, über Nacht mindestens zwei Drittel seiner Hauptakku-Ladung zu verlieren. Noch dazu lässt er sich nur durch einen Soft-Reset wieder aufwecken, auf Drücken des Ein-/Aus Tasters reagiert er überhaupt nicht. Die vermuteten Ursachen reichten von „Auschalten vergessen“, „Nur Displaybeleuchtung statt Gerät abgeschaltet“ (gesteuert durch die Dauer des Drückens auf den Ein-/Aus-Taster) bis zu „defekter Akku“.

Recherchieren im Internet war zeitraubend, weil sich die offiziellen Websites anscheinend mit solchen Lappalien nicht beschäftigen und das Niveau der relevanten Beiträge in den zehntausenden Foren meist auf dem von Vermutungen liegt, die in durchaus freundlicher Weise ausgetauscht werden. Aber: Ausnahmen bestätigen die Regel:

Zunächst war festzustellen, dass das Problem nicht auf Loox beschränkt ist, sondern genauso auch andere Geräte betrifft, wie etwa DELLs Axim-Serie und HPs ipaq. Es kann also nicht an der Hardware liegen, also muss es in der Verantwortung von Bill Gates liegen.

Für die gelegentlich auch bei vollem Akku ausgegebene Warnung: „Hauptbatterie schwach“ habe ich wenig Verständnis, aber das liegt wohl in der Gates-Philosophie, denn auch mein Desktop-PC (mit 2 GB Hauptspeicher) überrascht mich gelegentlich mit der Meldung „sehr wenig Speicher“, obwohl so gut wie nichts läuft, die Speicherverwaltungs-Software ca. 1 GB freien Speicher ausweist und die Festplatten alle zig GB Platz haben. Ob mit Speicher RAM („memory“) gemeint ist oder Festplattenplatz, darf man sowieso erraten (leider habe ich jetzt ein deutsches WINXP; die original englischen Fassungen sind erfahrungsgemäß wenigstens sprachlich etwas präziser). Dass sich das Notebook einer Bekannten, die neben deutscher und englischer auch die russische Tastatur aktiviert hat, während der Arbeit an einem Word-Dokument in deutscher Sprache immer wieder freiwillig auf russische Zeichen umstellt und nur mehr durch Neustart des Betriebssystems wieder in die gewünschte Arbeitsweise zu bringen ist, ist auch eines der unzähligen Rätsel, mit denen einen Bill Gates täglich beschäftigt.

Aber: Ich schweife ab, bitte um Entschuldigung. Zurück zum Akku-Entladen:

Endlich habe ich auf http://www.ppc-welt.tv/community/showpost.php?p=643951&postcount=34 eine kochrezeptartige Lösung gefunden, die noch dazu in äußerst kompetenter Weise vermittelt wird. Auf die eigentliche Quelle der Erkenntnis wird verwiesen: http://www.aximsite.com/boards/showthread.php?t=112638 .

Kurz zusammengefasst wird das Phänomen so erklärt: Das liebe und unentbehrliche ActiveSync versucht bekanntlich, alle 5 oder 10 Minuten, zu synchronisieren, was ja durchaus sinnvoll sein mag. Aus unerfindlichen Gründen hat Microsoft das Programm so geschrieben, dass es diese Synchronisier-Wut auch ausübt, wenn der PPC gar nicht in der Docking-Station ist bzw. keine Verbindung zu einem Synchronisier-Partner besteht. Selbst Schließen von ActiveSync am PPC nützt nichts – nach 5 Minuten ist es durch Selbststarten wieder da!

Im Standby-Betrieb scheint ActiveSync auf geheimnisvolle Weise zufallsverteilt einiges zu verursachen, zum Beispiel  einen White Screen (Pendant zum Blue Screen in Desktop-Windows) wenn man den PPC zu einem ungünstigen Moment in die Docking-Station legt, plötzliches Einschalten des WLAN (was nach einer anderen Quelle möglicherweise die Ursache für das Totsein des Ein-/Aus-Tasters sein soll) und eben auch Entladen der Hauptbatterie (der PPC kann sich nach einer ruhigen Nacht warm anfühlen, wie wenn er die ganze Zeit emsig gearbeitet hätte).

Das anscheinend erfolgreiche „Hacking“ heißt „Server-Trick“: Man stellt ActiveSync als zuätzlichen Synchronisationsweg einen Exchange Server zur Verfügung, deaktiviert aber alle Informations-Typen (Termine, Kontakte, …) und erreicht damit, dass man einen ganz harmlosen Zeitplan in ActiveSync definieren kann (ohne Exchange Server steht diese Möglichkeit nicht zur Verfügung). Und da stellt man einfach das Synchronisieren zu Spitzenzeiten und zu Normalzeiten auf „Manuell“. Nachher nimmt man ActiveSync den Exchange-Server wieder weg – das geht alles aus ActiveSync selbst heraus.

Da kann man ja wohl nur staunen! Höchstes Lob jenen, die auf so etwas „draufkommen“ und das dann auch noch uneigennützig veröffentlichen! Wie man hört, haben die Axims inzwischen schon ein auf das Problem angepasstes ROM, aber nicht alle Firmen scheinen so schnell zu reagieren.