Kurt Friedrich Gödel zum 30. Todestag

Wahr - Unwahr – Unentscheidbar

In jedem sinnvollen mathematischen System gibt es unentscheidbare Sätze

 

Gödel ist einer der berühmtesten österreichischen Mathematiker und einer bedeutendsten Logiker. Die Harvard University verlieh ihm das Ehrendoktorat für die Entdeckung „der bedeutsamsten mathematischen Wahrheit des Jahrhunderts“. Das Time Magazine reihte ihn unter die hundert wichtigsten Personen des zwanzigsten Jahrhunderts.

 

Kurt Friedrich Gödel wurde am  28. April 1906 im Brünn, der Hauptstadt des österreichischen Kronlandes Mähren, die damals eine deutschsprachige Bevölkerungsmehrheit hatte, geboren. Er entstammt wohlhabendem Großbürgertum. Sein Vater Rudolf kam aus Wien war ein Textilunternehmer und katholisch, seine Mutter Marianne kam aus dem Rheinland und war evangelisch. Sein älterer Bruder Rudolf wurde 1902 geboren. In seiner Kindheit litt Kurt Gödel oft unter rheumatischem Fieber, erbrachte aber trotz seines schlechten Gesundheitszustandes schulische Höchstleistungen. Nach der Volksschule besuchte er das deutschsprachige k. k. Staatsrealgymnasium. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Stadt Brünn Teil der neu gegründeten Tschechoslowakischen Republik. Da er die tschechische Sprache kaum beherrschte, fühlte sich in dem neu gegründeten Staat nicht heimisch und, nach eigenen Worten, wie ein „österreichischer Verbannter in Tschechoslowakien“.

 

1923 nahm er deshalb die österreichische Staatsbürgerschaft an, zog im Herbst 1924 nach Wien und begann theoretische Physik zu studieren. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit physikalischen Themen, besuchte aber auch die philosophische Vorlesung von Heinrich Gomperz [1] sowie die Vorlesung über die Zahlentheorie von Philipp Furtwängler[2]. Diese Beiden gaben Gödel die entscheidenden Impulse, sich intensiv mit jenen Grundlagen der Mathematik auseinanderzusetzen, welche auf der formalen Logik sowie der Mengenlehre beruhen. Kurz nach Beginn seiner Studien begann er den Wiener Kreis[3] zu besuchen, wo er sich mit den methodischen Grundlagen des Denkens und somit den Grundlagen jedweder Philosophie auseinandersetzte. Am 6. Februar 1930 promovierte er zum Dr.phil. In seiner Habilitationsschrift von 1931 - Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Matematica und verwandter Systeme - sind die beiden Unvollständigkeitssätze enthalten, die die mathematische Welt erschütterten und deren Grenzen aufzeigte.

 

Mit seinen Unvollständigkeitssätzen bewies Gödel, dass es in einem System wie der Arithmetik, das auf unmittelbar einleuchtenden Ausgangssätzen (Axiomen) beruht, immer Aussagen gibt, die weder bewiesen noch widerlegt werden können. Das erschütterte den Glauben an die Mathematik als das „absolut Sichere“. Wahrheit und Beweisbarkeit sind nicht mehr identisch.

1938 heiratete Kurt Gödel Adele Porkert, die er zu diesem Zeitpunkt schon über 10 Jahre kannte. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich verlor Gödel wegen der Umstellung des Bildungssystems seine österreichische Dozentur und versuchte zunächst eine adäquate akademische Stelle im nunmehr deutschen Bildungssystem zu erhalten. Die entsprechenden Anträge wurden jedoch sehr schleppend bearbeitet, weshalb er sich entschloss - obwohl nicht rassisch verfolgt - in die USA auszuwandern.

 

Nach seiner Einreise in die USA und dem Beginn seiner Arbeit am „Institute for Advanced Study“ in Princeton, New Jersey, begann sich Gödel immer mehr mit philosophischen Problemen zu beschäftigen und sich von der formalen Logik abzuwenden. 1942 lernte er Albert Einstein näher kennen und begann mit ihm über physikalische Probleme wie die Relativitätstheorie oder über philosophische Themen zu diskutieren. Zwischen Einstein und Gödel entwickelte sich eine enge Freundschaft die bis zu Einsteins Tod 1955 anhielt. Nach eigener Aussage ging Einstein in späteren Jahren nur deshalb ans Institut, um Gödel auf dem Heimweg begleiten zu dürfen.Gödel gab die erste Lösung der Allgemeinen Relativitätstheorie mit geschlossenen zeitartigen Weltlinien an, die zeigt, dass „Zeitreisen“ rein theoretisch möglich wären. In einer Randbemerkung hält Gödel fest, dass die Zeitrichtung bei der Landung des Reisenden wieder dieselbe ist, also nicht verkehrt abläuft wie in einem falsch eingelegten Film.

 

In den 1940-er und 1950-er Jahren  vereinsamte Gödel, der 1948 die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, aufgrund seiner fortschreitenden psychischen Krankheit immer mehr. Er hatte panische Angst durch Speisen vergiftet zu werden. In den sechziger Jahren hörte er auf Vorlesungen zu geben und seine Krankheit ließ ihm immer weniger die Möglichkeit zu arbeiten.

 

Er galt aber weiterhin als einer der führenden Logiker und seine  akademischen Leistungen wurden mit verschiedenen Auszeichnungen und mehreren Ehrendoktoraten amerikanischer Universitäten gewürdigt. Sein Gesundheitszustand besserte sich allerdings nicht. 1970 versuchte er zum letzten Mal zu publizieren. Die Schrift musste jedoch zurückgenommen werden, da er aufgrund der Wirkung von Psychopharmaka viele Fehler einfach übersehen hatte.

 

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Gödel zu Hause in Princeton bzw. in verschiedenen Sanatorien, aus denen er einige Male flüchtete. Lediglich der Fürsorge seiner Frau ist es zu verdanken, dass er sich wenigstens halbwegs normal ernährte. Als Adele Gödel selbst einen Schlaganfall erlitt und an einen Rollstuhl gefesselt war, musste sie hilflos zusehen, wie ihr Mann immer mehr abmagerte. Am 14. Jänner 1978 verstarb Kurt Gödel bei einem Körpergewicht von 40 kg an Unterernährung und Entkräftung.

 

 



[1] Heinrich Gomperz, geb. 18. Jänner 1873 in Wien, verst. 27. Dezember 1942 in Los Angeles, Philosoph

[2] Philipp Furtwängler, geb. 21. April 1869 in Elze, verst. 19. Mai 1940 in Wien, deutscher Mathematiker der vor allem auf dem Gebiet der Zahlentheorie tätig war

[3] Der Wiener Kreis war eine Gruppe von Philosophen und Wissenschaftstheoretikern, die sich von 1922 bis 1936 wöchentlich in Wien trafen