Lachen müsst’ man, wenn’s nicht zum Weinen wär’!

Ergebnisse der Umweltstudie vom Jänner 2008 sind irrelevant!

 

Die „Umweltepidemiologische Untersuchung der Krebsinzidenz in den Gemeinden Hausmannstätten und Vasoldsberg“ von Dr. Gerd Oberfeld veröffentlicht Ende Jänner 2008, sorgte national und international für große Aufregung. Beiträge wie die nachfolgenden in den namhaften Printmedien erregten Aufsehen und verunsicherten erhebliche Teile der Bevölkerung enorm.

 

Studie: Handy-Masten verursachen Krebs (Presse, 1.Februar 2008)[1]

Im Umkreis von 200 Metern ist das Krebsrisiko besonders hoch, bestätigt nun eine Grazer Studie.

 

Neue Studie: Krebsrisiko durch Mobilfunk (Wiener Zeitung, 2. Februar 2008)[2]

Graz. Ein "signifikant erhöhtes Krebsrisiko im Umkreis von 200 Metern durch Mobilfunkstrahlung" hat der Salzburger Umweltmediziner Gerd Oberfeld in einer vom Gesundheitsressort des Landes Steiermark im Jahr 2005 in Auftrag gegebenen Studie festgestellt.

 

Die „Schweizer Interessensgemeinschaft Elektrosmog-Betroffener“ führt mit Datum 21. Februar 2008 im Internet[3] aus: „… die erste echte Langzeitstudie mit über 1300 Teilnehmern über eine Zeitspanne von 13 Jahren zeigt erschreckende Resultate. Ein C-Netz-Sender (434,2MHz) verursachte bei vergleichbarer Sendeleistung mit einem heutigen Mobilfunksender für die Anwohner das 23-fache Brustkrebsrisiko und das 121-fache Gehirntumorrisiko. Das allgemeine Krebsrisiko für alle Arten betrug das 8.5-Fache…“ (Anmerkung O.Wagner: Die angegebene Frequenz 434,2 MHz entspricht Kanal 46 des Industriestandards für die 69 Sprechfunkkanäle im LPD-Bereich. Im C-Netz wurden die Frequenzbereiche 451,30–455,74 MHz und 461,30–465,74 MHz verwendet.)

 

Durchgeführt wurde diese Studie, die sich auf den Raum Vasoldsberg/ Hausmannstätten (Bezirk Graz-Umgebung) bezieht, weil  die Bevölkerung einen Verdacht auf eine Häufung von Krebserkrankungen äußerte. Untersucht wurde das Gebiet in einem Umkreis von 1.200 Metern rund um das Festnetzwählamt in Hausmannstätten. Das Ergebnis der Studie war: Ein „signifikant erhöhtes Krebsrisiko im Umkreis von 200 Metern durch Mobilfunkstrahlung“. Bei der Ursachenermittlung war man davon ausgegangen, dass eine Sendeanlage für das 1997 abgeschaltete C-Netz der Verursacher sei. Das Foto im veröffentlichten Bericht zeigt eine provisorische D-Netz-Anlage, die am Standort im Jahr 1994 für 6 Monate installiert war. Danach wurde diese D-Netz-Antenne auf einem 33 m hohen Rohrmasten am selben Grundstück aufgestellt[4]. Das D-Netz, der vorübergehende Nachfolger des C-Netzes, wurde mit Ablauf des 28. Februar 2002 eingestellt und arbeitet in den Frequenzbereichen 890 MHz bis 905 MHz und von 935 MHz bis 950 MHz.

 

Die „mobilkom austria“ - Eigentümerin des betroffenen Standortes - forderte Dr. Oberfeld gemeinsam mit allen Mobilfunkunternehmen wiederholt zum öffentlichen Widerruf dieser

Studie auf, da an dem betreffenden Standort niemals eine Mobilfunkanlage für das C-Netz betrieben wurde. Aufgrund der Beweislage sah sich das Land Steiermark veranlasst,

am 13. März 2008 die Studie von der Website des Gesundheitsressorts zu entfernen.[5] Die Studie selbst wurde aber vom Autor nicht widerrufen, sodass sich die „mobilkom austria“ genötigt sah, den Rechtsweg zu beschreiten. Der Geschäftsführer des „Forum Mobilkommunikation“ kritisiert: "Krebs auf eine nicht-existente Mobilfunkanlage zurückzuführen lässt jegliche objektive und sorgfältige Herangehensweise vermissen und hat leider auch negative Auswirkungen auf die Mobilfunk-Diskussion."[6]  Durch einen gerichtlichen Vergleich wurde nunmehr die Nichtexistenz der Mobilfunkanlage festgestellt. Darin wird ausgeführt[7]:

 

„1. Der Beklagte, Herr Dr. Gerd Oberfeld, nimmt zur Kenntnis, dass sich im Bereich des Wählamtes “Schemmerlstraße” in Hausmannstätten, Steiermark, zu keinem Zeitpunkt eine “C-Netz”-Mobilfunkanlage befunden hat. Der Beklagte verpflichtet sich, es ab sofort zu unterlassen, die Tatsachenbehauptung, dass sich am vorgenannten Ort eine solche Mobilfunkanlage befunden hätte, welche auf einen kausalen Zusammenhang mit dem gehäuften Auftreten von Krebserkrankungen schließen lässt, oder eine Behauptung sinngleichen Inhaltes, insbesondere auch im Rahmen seiner “Umweltepidemiologischen Untersuchung der Krebsinzidenz in den Gemeinden Hausmannstätten & Vasoldsberg” aus Jänner 2008, zu verbreiten.

2. …

Salzburg, am 3. November 2008“

 

Die Reaktionen darauf waren bisher eher verhalten! Es wäre sehr zu wünschen, dass die Printmedien die Unrichtigkeit dieser Studie ebenfall so markant veröffentlichen würden wie deren Verlautbarung! Die wohl wichtigste Aussage trifft das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, nämlich: „Zu dieser Studie wird festgestellt: Die Expositionsangaben sind falsch – zur angegebenen Expositionszeit war kein C-Netz-Sender vorhanden. Die Ergebnisse sind daher irrelevant.[8]

 

Dr. Martin Röösli vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern untersuchte das Gutachten Dr. Oberfeld’s im Auftrag der Krebsliga Schweiz und kam am 25. Februar 2008 zum Schluss: „… Dass Mobilfunkbasisstationen das Krebsrisiko in diesem Ausmass erhöhen, ist jedoch unplausibel. Wäre dies nämlich der Fall, müsste in den letzten Jahren, parallel zum Aufbau der Mobilfunknetze, eine drastische Zunahme der Krebserkrankungen beobachtet worden sein. Dies war nicht der Fall. Die Hauptschwäche der Studie liegt darin, dass nur ein Gebiet untersucht wurde, bei dem schon vor Beginn der Untersuchung eine auffällige Häufung von Krebsfällen bestand. …“[9]

 

Das „UHF-70cm-Band“, das insgesamt den Bereich von 400 bis 470 MHz umfasst, steht national und international einer Menge von Anwendern zur Verfügung. Zwischen 410 und  430 MHz befinden sich analoge und digitale Bündelfunksysteme für private Nutzung und für Anbieter von Mobilfunkdiensten, sowie Richtfunk bei stationären Anwendungen. 430 bis 440 MHz sind neben den lizenzierten Funkamateuren auch den „Industrial, Scientific & Medical“ - Anwendungen (ISM), „Low Power Devices“ (LPD) bzw. „Short Range Devices“ (SRD) von 433,05 bis 434,79 MHz und für Personenrufanlagen von 439,11 bis 439,99 MHz (die auch in Krankenhäusern verwendet werden) vorbehalten. Anschließend folgt der Sprechfunk „Private Mobile Radio“ (PMR) von 446,0 bis 446,1 MHz. Der Bereich 449,775 bis 449,850 MHz dient Funkfernsteuerungsanlagen zur Übertragung medizinischer Messwerte(!) und zur Fernsteuerung von Verkehrssignalanlagen.[10] Nachfolgend einige Anwendungen des ISM-Bereichs: „Babyphon“, drahtlose Rufanlagen, Funkfernschalter für Beleuchtung und Funksteckdosen, Fernthermometer, Funkfernschaltung der Zentralverriegelung beim Kraftfahrzeug und vieles andere mehr. Diese Aufzählung ist keineswegs vollständig!

 

Über einen anderen, aber doch zum Obigen passenden Fall berichtet das Forum Mobilkommunikation am 14. November 2008[11]:

 

Klage gegen T-Mobile und mobilkom austria wurde abgewiesen

 

Ein seit mehreren Jahren laufendes Gerichtsverfahren gegen zwei österreichische Mobilfunknetzbetreiber hat vor dem Landesgericht Eisenstadt ein Ende gefunden. Basierend auf mehreren Fachgutachten wies das Gericht die Klage des Gemeindearztes Dr. Reinhold

Jandrisovits ab. Der Arzt hatte die Netzbetreiber in seinem wie auch im Namen einiger Gemeindebürger auf Unterlassung des Betriebs der Mobilfunkanlagen sowie auf Schadenersatz geklagt und im Laufe des Verfahrens verschiedenste Theorien als Gründe für die vermuteten gehäuften Erkrankungen in seiner Gemeinde präsentiert.
Die im Auftrag des Gerichts eingeholten umweltmedizinischen sowie elektrotechnischen Fachgutachten konnten jedoch keinen Zusammenhang mit dem Betrieb der Sendeanlagen

erkennen. Das Gericht befand abschließend, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die von den Basisstationen in Müllendorf ausgehenden Immissionen die Beschwerden des Klägers und die damit in Zusammenhang stehenden Schäden verursacht haben oder verursachen. Das Urteil ist rechtskräftig.“

 

Weltweit gibt es über 1,4 Millionen Basisstationen und ihre Zahl nimmt mit der immer intensiveren Nutzung der mobilen Kommunikation ständig zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)[12] hat sich bereits mehrfach mit gesundheitlichen Fragen rund um den Betrieb von Mobilfunk-Basisstationen beschäftigt und im Mai 2006 ein neues Faktenblatt  - Nr. 304 - unter dem Titel „Basisstationen und drahtlose Technologie“

herausgegeben. Fazit der WHO: „In Anbetracht der geringen Expositionsstärke und der bisher erschlossenen Forschungsergebnisse gibt es keinen überzeugenden wissenschaftlichen Nachweis, dass schwache HF Signale von Basisstationen und drahtlosen Netzwerken negative gesundheitliche Auswirkungen haben.“[13]

 

Nach der Verkehrsunfallstatistik geschehen in Österreich die meisten Unfälle mit Fußgängern auf Schutzwegen! Der Logik der beiden in diesem Beitrag oben genannten Medizinern folgend, müssten diese Schutzwege für Fußgänger als besonders gefährlich verboten werden. Das Oberfeld-Gutachten kommentierte ein Leser im Online-Standard schon am 9. März 2008 noch bissiger: „Ich kenne eine Gegend im Burgenland dort ist die Krebsrate fast doppelt so hoch wie im österreichischen Schnitt. Und dort haben die Weinbauern fast alle rote Traktoren mit dem Kennzeichen ND.... Ergo: Rote Traktoren mit Kennzeichen ND...erhöhen das Krebsrisiko enorm.“[14]

 



[1] http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3932&Alias=WZO&cob=325772&currentpage=8

[2] http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/359856/index.do?from=simarchiv

[3] http://www.gigaherz.ch/1278/

[4] http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=080225022

[5] http://www.fmk.at/content.php?id=366&cb=229_1042, http://www.fmk.at/media/pdf/pdf799.pdf

[6] http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=080623035

[7] http://www.fmk.at/content.php?id=366

[8] http://www.bmvit.gv.at/telekommunikation/funk/mobiltelefonie/downloads/wbfgesundheit2008.pdf

[9] http://www.mobile-research.ethz.ch/var/Kommentar_Roeoesli_oberfeldstudie.pdf

[10] siehe Frequenznutzungsverordnung 2005, BGBl. II Nr. 307/2005

[11] http://www.fmk.at/content.php?id=249&cb=166_1097

[12] Die Weltgesundheitsorganisation, engl. World Health Organization, ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf, Schweiz. Sie wurde am 7. April 1948 gegründet, zählt 193 Mitgliedstaaten und ist die Koordinationsbehörde der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen.

[13] http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs304/en/ die deutsche Version findet sich auf der Homepage des schweizerischen Forum Mobil unter http://www.forummobil.ch/de/service_content_detail.php?id=306&lan=de

[14] http://derstandard.at/?id=3242334