Zum 115. Geburtstag bzw. zum 20. Todestag

Hermann Oberth – Vater der Raumfahrt

Auf seinen wissenschaftlichen Arbeiten, die er 1923 in seinem Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“ der Öffentlichkeit vorgestellte, beruht die heutige Raumfahrttechnik.

 

Hermann Oberth wurde an 25. Juni 1894 in Hermannstadt, Siebenbürgen, Österreich-Ungarn, heute Rumänien, geboren und verstarb am 28. Dezember 1989 in Nürnberg. Er gilt als „der“ Begründer der wissenschaftlichen Raketentechnik und Astronautik und war prophetischer Initiator der Raumfahrt. Schon früh war er ein begeisterter Leser der Romane von Jules Verne. Bereits während seiner Gymnasialzeit begann er sich mit raketen- und raumfahrttheoretischen Problemen zu beschäftigen und stellte physikalisch-mathematische Überlegungen dazu an.

 

Das nach der Reifeprüfung 1912 begonnene Medizinstudium wurde durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg unterbrochen und nach Ende des Krieges auch nicht weitergeführt. Stattdessen wandte sich Oberth dem Studium der Mathematik und Physik in Göttingen und Heidelberg zu. Die eingangs erwähnte Buchveröffentlichung war seine Dissertation, die aber als zu phantastisch nicht akzeptiert wurde, obwohl sie aus exakten mathematisch-physikalischen Daten bestand. Auch der Verleger des Buches war skeptisch, und Oberth musste die Herstellungskosten selbst tragen. Er ging nach Siebenbürgen zurück und unterrichtete nach Ablegen der entsprechenden Prüfung als Gymnasialprofessor in Mediasch. Die Buchveröffentlichung führt zu einer regen Korrespondenztätigkeit mit den Raketenpionieren[1] der Frühzeit. 

 

Es fehlte nicht an Angriffen auf seine Vorstellungen, die aber oftmals von falschen Voraussetzungen ausgingen und zu widerlegen waren. Schon 1925 musste das Buch in neuer Auflage erscheinen. Der Gedanke an die Weltraumfahrt mittels Raketen gewann immer mehr Anhänger, die sich 1927 in dem in Breslau gegründeten „Verein für Raumschiffahrt“ zusammenschlossen. Auch Oberth war Mitglied.

 

Die propagandistische Arbeit des Vereins führte dazu, dass in Berlin der berühmte Filmregisseur Fritz Lang sich für das Thema zu interessieren begann. Er plante die Schaffung eines utopischen Films über ein Raumfahrtunternehmen mit dem Titel „Frau im Mond“ und verpflichtete Oberth als wissenschaftlichen Berater. Damit standen dem bislang theoretisch arbeitenden Oberth einige finanzielle Mittel für praktische Raketenversuche zur Verfügung. Aus Reklamegründen wurde zur Filmpremiere ein Raketenstart angekündigt, aber trotz aller Anstrengungen konnte der Termin nicht eingehalten werden. Der Film wurde auch ohne Raketenstart ein großer Erfolg. Als wissenschaftlich wichtigstes Ergebnis der Filmarbeit konnte Oberth einen Raketenmotor für flüssige Treibstoffe entwickeln, den er Kegeldüse nannte. Eine neue Epoche der Technik wurde damit eingeleitet.

 

1929 erschien als stark erweiterte Ausgabe seines ersten Buches das Werk „Wege zur Raumschiffahrt“, eines der Standardwerke bis auf den heutigen Tag. 1930 konnte Oberth bei der Chemisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin seine Kegeldüse überzeugend vorführen, und mit dem ausgestellten Gutachten fand die Flüssigkeitsrakete ihre wissenschaftliche Anerkennung. 1941 erhielt Oberth die deutsche Staatsbürgerschaft und wurde nach Peenemünde kriegsdienstverpflichtet. Hier arbeitete Oberth an Detailkonstruktionen für die V 2 sowie an der Patentauswertung. Unter anderem entwickelte er die Kreiselsteuerung zur Stabilisierung des Raketenfluges.

 

Das Kriegsende und die Folgezeit bedeuteten auch für Hermann Oberth das vorläufige Ende an der praktischen Raketenarbeit, aber die Welt hatte ihn nicht vergessen! Ein Beratervertrag mit einer Schweizer Firma und daran anschließend die Mitarbeit am Raketenprogramm der italienischen Marine waren erste Schritte, wieder auf dem Gebiet der Raketenforschung zu arbeiten. 1955 folgte er einem Ruf Wernher von Brauns zur Mitarbeit an der zentralen amerikanischen Raketenforschungsanstalt in Huntsville, Alabama. Hier war er bis Oktober 1958 tätig, danach zog er sich nach Feucht zurück.

 

Ohne die Grundlagenforschung von Hermann Oberth würde es die Raumfahrt die 1969, vor vierzig Jahren, die Mondlandung ermöglichte, nicht gegeben haben. Glücklicherweise war es ihm vergönnt, die Verwirklichung seiner theoretischen Arbeiten zu erleben.

 

 Wernher von Braun[2] (1912-1977) beschrieb Hermann Oberth mit folgenden Worten:

"Hermann Oberth war der erste, der in Verbindung mit dem Gedanken einer wirklichen Weltraumfahrt zum Rechenschieber griff und zahlenmäßig durchgearbeitete Konzepte und Konstruktionsentwürfe vorlegte.  …

Ich selbst verdanke ihm nicht nur den Leitstern meines Lebens, sondern darüber hinaus meine erste Berührung mit den theoretischen und praktischen Seiten der Raketentechnik und Raumfahrt. Seinen richtungsweisenden Beiträgen auf dem Gebiet der Astronautik gebührt ein Ehrenplatz in der Geschichte der Wissenschaft und Technik."

 

Im ganzjährig geöffneten Museum in Feucht bei Nürnberg kann der Werdegang  Hermann Oberths verfolgt werden. Darin sind seine großen Zukunftsprojekte, wie die Raumstation, das Mondauto, der Weltraumspiegel, das elektrische Raumschiff und das Windkraftwerk, das unter Ausnutzung des Jetstreams der Energiegewinnung dienen soll, in Modellform zu besichtigen. Die von Oberth für die V 2 entwickelte Kreiselsteuerung zur Stabilisierung des Raketenfluges ist im Original zu sehen. Die ersten Raketenberechnungen sowie Beispiele seiner Korrespondenztätigkeit und zahlreichen Ehrungen vervollständigen die Sammlung.

 

      

 



[1] Es wiesen Hermann Ganswindt (1856-1934) im Jahre 1881 und Konstantin Ziolkowski (1857 – 1935) im Jahre 1890 auf die Vorzüge des Raketenprinzips für den Bau eines Raumschiffes hin. 1919 war Robert Goddard (1882-1945) ebenfalls überzeugt, dass mit Raketen ein Verlassen der Erdatmosphäre möglich wäre. Aber erst Hermann Oberth gelang der wissenschaftliche Nachweis der Realisierbarkeit.

[2] Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun (1912 – 1977) gilt als „Kolumbus des Weltalls“ und ging als Vater des Mondflugs von 1969 in die Geschichte ein.