Schulische Lern- und Arbeitsumgebungen 2010 -

auf dem Weg in die Informations- und Wissensgesellschaft

 

 

 

Um Lernende auf die beruflichen und gesellschaftlichen Herausforderungen vorzubereiten und dem laufend sich ändernden Bildungsanspruch gerecht zu werden, hat die IT-Lenkungsgruppe des Unterrichtsministeriums im Schuljahr 2008/09 die Ausstattungs­empfehlun­gen für IT und virtuelle Lernumgebungen neu adaptiert. Der Trend zur Integration von IT und Neuer Medien im Standard-Klassenraum hat sich - pädagogisch wünschenswert - verstärkt. Die bisherigen  IT-Sonderräume werden, von einigen hochwertigen Anwendungen abgesehen, bald der Vergangenheit angehören. Neben der Bereitstellung maßgeschneiderter (schlanker?) technischer Lösungen liegt der Fokus zeitgemäßer Schulnetzwerke, abweichend von industriellen Vorbildern, in einer äußerst aktiven und partizipativen Rolle der schulischen Anspruchsgruppen Schüler und und Lehrer.  

 

Trends in der Unterrichtstechnik

Die „Digital Competence“ nimmt in der Lissabon Strategie (2000) im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union eine Schlüsselrolle ein. Dazu kommt, dass gerade jugendliche Personen von sich aus eine hohe Affinität im Umgang mit den Informationstechnolo­gien entwickeln und das Schulwesen dazu Stellung beziehen muss. Das geht Hand in Hand mit aktuellen bildungspolitischen Anliegen wie die Verwirklichung der Individualisierung, der Stärkung der Eigeninitiative und der Selbstorganisation der Lernenden bis hin zur umfassenden Kompetenzentwicklung. Zeitgleich zu diesen Anforderungen drängen angebotsseitig entsprechende Lösungen auf den Markt: Mobile Learning mit  Notebooks und Netbooks, Collaborative Learning mit Lernplattformen und Serious Game Based Learning und die Unterstützung des Peer-Learning mit Web 2.0 und Social Web –Werkzeugen, in vielen Fällen ganz zum Open Source Nulltarif:).

Besonders ermutigend sind die blended Learning[1] Erfahrungen aus den eLearning Cluster[2] und eLSA Schulen: Mit den neuen Lernumgebungen tun sich nicht nur individuelle Lernmöglichkeiten für alle Beteiligten auf, sondern im Sinne des Gender-Mainstreaming werden die Schülerinnen und Schüler gleicher­maßen von der IT und dem eLearning angesprochen. Durch diese Angebote werden die Standorte für alle Beteiligten attraktiver, die Schulentwicklung wird vorange­trieben, die Lernenden werden mit innovativen und nachhaltigen Unterrichts- und Lernme­tho­den konfrontiert und erhöhen damit ihre Job- und Studienmöglichkeiten. Zu den kommende Herausforderungen (und „Hausaufgaben“) im IT Einsatz zählen die Themenbereiche Sustainability und Green IT.

Trend zum schlanken und skalierbaren Schulnetz

 

Die Anforderung an zentrale Services wie Datenserver, Emailserver, Lernplatt­formen, Druckerspoolern etc. variiert von Schule zu Schule. Grundsätzlich gilt, dass alle Leistungen ausgelagert werden können/sollen, für die es keine triftigen Gründe einer Inhouse Betreuung gibt. Dazu wurden im Erlass „Einfaches und sicheres Schulnetz“[3] drei Modelle vorgestellt, die zur schulinternen Diskussion und Gestaltung dienen sollen. Hier ein kurzer Überblick dazu:

 

 

A. Full Service
     „Modell Serverfarm“

B. Lean Lan      „Modell USB-Stick[4]

C. Schülerbeteiligung
 „Modell Lernplattform“

1) Anwendungen

vom Schultyp abhängig

2) Internetzugang

Überwachung

Freier Internetzugang

Mengenbegrenzung

3) Datenservice/-sicherung

Datenserver

kein

freies Laufwerk

4) Lernplattform

Im Haus

extern

extern mit Schüler-Betreuung

5) Webserver

intern

extern

extern

6) Emailservice

intern

selbstorganisiert

extern

7) Druckservice

zentrale Druckdienste

nur Lehrerdrucker

Klassendrucker

....

...

...

...

10)Geräte/Wartung

zentral

extern vergeben

mit Schülerbetreuung

 

Das Modell A. Full Service kann ev. für eine große HTL passend sein. Eine kleine Schule mit wenigen Klassen wird ggf. entsprechend Modell B. die meisten Services auslagern und bei entsprechenden Providern beziehen. Einen Mittelweg stellt das Modell C. dar. In diesem Modell werden zusätzlich IT und Netzwerk mit entsprechenden Vorkehrungen zum aktiven Lernfeld der Schülerinnen und Schüler gemacht. Sog. Medienbeauftragte übernehmen in Notebookklassen Tutorenfunktionen. Entsprechende eingeschulte Betreuer aus dem Kreis der Lernenden verwalten Kurse selbstständig und unterstützen die Klasse beim Wissendiskurs und dem Wissensmanagement auf Peer-Ebene.[5]

 

Trend zum Wireless Campus und zum wenig restriktiven Internetzugang

Viele Schulen ermöglichen ihren Schülern und Lehrern einen mobilen Internetzugang im gesamten Schulhaus und unterstützen damit die flexible Wahl der Lernorte bei Projektarbeit, Freiarbeit etc. Angesicht der hohen Bandbreite und der geringen Feldstärke gegenüber anderen Funkverbindungen gewinnt diese Netzwerkanbindung immer mehr Anhänger.[6]

Ein Internetzugang mit gesperrten Destinationen und Protokollen wird früher oder später zum zeitverzehrenden Katz- und Mausspiel. Auch der Unterricht kann darunter leiden. Eine gute Internetanbindung mit hoher Bandbreite ist deshalb besonders wichtig. Auch werden immer mehr IT-Services nur im Web und dabei oft kostenfrei angeboten.[7] Natürlich müssen auch für Lernmanage­mentsysteme und Onlinedienste Leitungs- und Organisationsressourcen berechnet wer­den. Dabei ist auch entscheidend, ob die Server im Haus stehen oder diese Leistungen extern bereitgestellt werden. Wenn die Server im Haus stehen, ist eine größere Upload­kapazität für den Traffic am Nachmittag und Abend vorzusehen, dafür fällt unter Tag weniger an.

Die Lernenden dürfen in ihrer Internetverantwortung nicht allein gelassen werden und sind mit entsprechenden Kompetenzen wie sicheres Surfen und medienkritischer Umgang auszustatten.

 


Trend zur Medienklasse  - auch in normale Klassen!

 

Wie angesprochen werden IT und Neue Medien ins Klassenzimmer geholt und nicht mehr in IT-Sonderräume ausgelagert. Damit werden sowohl den Lehrpersonen wie auch den Lernenden Möglichkeit zur unmittelbaren Nutzung von Neuen Medien und von Präsentationsmöglichkeiten gegeben. Zudem werden die Lehrpersonen bei allen Verwaltungstätigkeiten wie dem elektronischen Klassenbuch unterstützt. Daher wird in der Ausstattung nicht mehr zwischen normalen Klassen und Notebook-PC-Klassen unterschieden:

 

Für die Ausstattung der Klasse wird generell eine weiße Tafel und eine entsprechende Projektionsfläche  (oder ein Whiteboard) empfohlen. Der an der Decke montierte Videobeam[8]sollte neben Videoanschlüssen auch einen Netzwerkanschluss[9] besitzen. Die strukturierte Verkabelung der Klasse sollte einem skalierbare WLAN-Accesspoint[10] und vier bis sechs Netzwerkanschlüsse[11]  für KlassenPC und Drucker umfassen. Bei Notebook-PC-Klassen empfiehlt sich eine Anschlussleistung von 3 kW pro Klassenraum vorzusehen. Auf den Einsatz energiesparender Systeme ist zu achten.

 

Möblierung und Beleuchtung

 

Der Punkt Möblierung betrifft nur die Notebook-PC-Klassen, wo besondere Anforderungen an die Ergonomie bestehen: Die Tische sollen zumindest 65 cm tief sein, um den Notebook-PC und Schreibunterlage gut unterbringen zu können. Die Situation mit den unterschiedlichen Arbeitshöhen von NotebookPC und Schreibunterlage kann man am preisgünstigsten durch höhenverstell­bare Sessel (oder Fußstütze) lösen. Wenn Schülerinnen und Schüler die Klasse z.B. für die Mittagspause verlassen ist eine sichere Verwahrung der Notebook-PCs z.B. absperrbaren Wandschränken vorzusehen und der Klassenraum zusätzlich zu versperren.  Schulorganisatorisch sollten Notebook-PC-Klassen daher keine Wanderklassen sein! Die Beleuchtungsfrage wird in Notebookklassen oft unterschätzt: Sowohl bei natürlichem wie auch bei künstlichem Licht ist für ein blendfreies und spiegelarmes Arbeiten mit einem kontrastreichen Bildschirm Sorge zu tragen. Südseitige Räume sind auch wegen der hohen Wärmelast zu vermeiden.

 

Ausstattung der Zentrale

 

Für IT Betreuung an der Schule ein separat zugänglicher und versperrbarer Raum (IT-Zentrale) vorzusehen. Die Netzwerkeinrichtungen wie Layer-3-Switch, Server und eine entsprechend dimensionierte USV (unterbrechungs­freie Stromversorgung) werden i.d.R. in einem 9 Zoll Serverschrank untergebracht. Dabei ist für eine entsprechende Schalldämmung und Kühlung zu sorgen. Um die Serverbetreuung und die Betreuung der Notebook-PCs sicher­zustellen und um Verbrauchsmaterial zu lagern, sind für die IT-Zentrale Raumgrößen ab 15m2 zu empfehlen. Falls sich der Serverschrank darin befindet, erhöht sich der Raumbedarf um 10m2.[12]  

 

Netzwerksicherheit

 

An größeren Schulen docken bis zu 1000 Notebooks täglich ein und aus, die außerhalb der Schule weiteren, ungesicherten Netzen betrieben werden. Aber auch die allseits beliebten USB-Sticks stellen eine unerschöpfliche Quelle für Viren und Malware dar. Es liegt auf der Hand, dass für jede Schule ein laufend am Stand gehaltenes Sicherheits­konzept erforderlich ist: Schutz vor unberechtigtem Zutritt, Virenschutz, sicheres Ein- und Ausdocken der NotebookPCs, Quarantäne für verseuchte Geräte.[13] Die beschriebenen Darstellungen betreffen nur das sog. Bildungs­netz (B-Netz) nicht das davon zu trennende Administrative Netz (A-Netz der Schulverwaltung).

 

A-Netz

Schuladministration

 

 

Abbildung 1: Layer-3-Switch/Router mit VLAN und Netzwerksegmenten im B-Netz

 

Es empfiehlt sich, die SchülerNotebookPCs mit WLAN-Anschluss in einem eigenem Netzwerk­segment zu betreiben, quasi als Außennetz zu sehen, wodurch die anderen Segmente wie Server und PCs an der Schule Firewall-mäßig geschützt sind. Neben den Sicherheits­überlegungen entlastet diese Maßnahme auch vom Netzwerktraffik. Alle fest verkabelten PCs und Endgeräte werden in eigenem Segmente mit zusätzliche VLANs[14]  getrennt von den Notebooks verwaltet, dazu gehören die PCs in den Lehrerzimmern, die PCs in den IT Räumen, sonstige für Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler zugängliche PCs im Schulhaus und alle Klassen-PCs (auch in den Notebookklassen!).

Software, Datenschutz, Datensicherheit und Medienkompetenz  

Die Software-Lizenzen von System- und Anwendungssoftware für schuleigene PCs, NotebookPCs und Lehrer-„Heimlizenzen“ müssen geklärt sein. Die NotebookPCs sollen sicherheitstechnisch einen Mindestzustand aufweisen: Installierte Software, installierte Dienste, aktueller Virenschutz, aktuelle Updates. Für das Trouble­shooting empfiehlt sich wie angesprochen  Medienverantwortliche in allen Klassen einzurichten, die bei der Gestaltung des Netzes mitentscheiden und mitwirken können. Die Schülerinnen und Schüler von Notebook-PC-Klassen sind zur regelmäßigen und eigenverantwortlichen Datensicherung anzuleiten. Weiters sind sie laufend mit den Anliegen des Datenschutzes, des Copyrights, der Zitierregeln und Strategien zur Prüfung der Validität von (Internet-)Quellen vertraut zu machen. 

Weitere Entwicklungen der virtuellen Lernumgebungen

Man kann davon ausgehen, dass ca. ein Drittel der Oberstufen-Schulstandorte für NotebookPC- Einsätze ausgerüstet werden, d.h. diese „Schulumgebungen“ sollte mittelfristig auf den Einsatz von persönlichen elektronischen „Kommunikationsmaschinen“ wie Notebooks. Netbooks und PDA-ähnlichen Geräten vorbereitet werden. Die Einführung des persönlichen NotebookPCs wird ab der 10. Schulstufe empfohlen, damit die Geräte drei bis vier Jahre bis zur Reife- und Diplomprüfung zur Verfügung stehen. Für moderne Unterrichtsformen an Sekundarstufen werden sich also „elektronische Lernumgebungen“ mit einer Eigenleistung der Schüler/innen ca. ab dem 15ten Lebensjahr, nicht vermeiden lassen! Netbooks, die deutlich erschwinglicher sind, werden auch die Lücke zwischen den Jüngeren (ab dem 12. Lebensjahr) und den Notebook-Klassen zunehmend schließen. Dabei werden vermehrt die bereits jetzt sehr beliebten Lernplattformen zum Einsatz kommen. Hier sind weitere Entwicklungen genau zu beobachten!

 

IT Lenkungsgruppe 2009

Autor: Christian Schrack



[1] Blended Learning: gemischtes Lernen Präsenzunterricht mit begleitendem Notebook- und Lernplattformeneinsatz

[2] eLC - eLearning Cluster Initiative mit 169 Oberstufenstandorte, eLSA – Schulen der Sekundarstufe I

[3] Erlass Einfaches und sicheres Schulnetz - IT-Einsatz und Internet Policy an Österreichs Schulen (BMUKK-16.700/0019-II/8/2008)

[4] Im U3 Standard können USB Stick geeignete Programme ohne vorherige Installation am Host PC ausführen http://de.wikipedia.org/wiki/U3_(Standard)

[5] Peer: unter Gleichaltrigen/Gleichgesinnten

[6] Feldstärke (Elektrosmog) bei WLAN 0,001 nTesla (1/10 des Mobilfunks!)

[7] Der Internet­anschluss sollte je nach Schulgröße 8 bis 32 Mbit/s download betragen. Das monatliche Datenvolumen kann bis zu 500 GByte betragen.

[8] mindestens 2000 ANSI Lumen für Tageslichprojektion

[9]  Ein TCP/IP Netzwerkanschluss unterstützt die pädagogisch wertvolle Möglichkeit der unmittelbaren Präsentation von jedem PC und SchülerInnen Notebook aus, ohne Umkabeln zu müssen und ohne Ortswechsel zum Lehrertisch.

[10] 802.11g (derzeit 54 Mbit)

[11] Cat7-Standard und als Verteiler ein Layer-2-Switch mit 1 Gbit/s Anschlüssen

[12] Der Serverschrank sollte von Vorder- und Rückseite zugänglich sein!

 

[13] siehe Erlass „Ein­faches und sicheres Schulnetz“

[14] Ideal ist es in jedem Segment zusätzlich virtuelle LANs (VLAN) einzurichten, in denen alle Berechtigungen und Zugänge verwaltet werden. Die Verwaltung der VLANs und das Routen zwischen den Segmenten (Notebooks, PCs, Server, Internet) übernimmt i.d.R. ein zentraler Level-3-Switch/Router (siehe Abbildung 1). Diese Anforderungen führen tw. zu längeren Kabel­längen und es sind in den Gängen Kabelkanäle mit größerem Querschnitt vorzusehen. Weiters können in weiter entfernten Gebäudeteilen wie in C.3. angesprochen Layer-2-Switche vorge­schaltet sein.